Eskaliert der Krieg um die Ukraine?

Nicht gefruchtet haben bislang die militärische Aufrüstung der Ukraine sowie die Sanktionen gegen Russland. Nun zwei neue Eskalationsschritte: der Angriff auf russische strategische Bomber und die Vorbereitung dramatischer Sekundärsanktionen im US-Kongress. Die Folgen sind potentiell verheerend.
Sergey Kustov, CC BY-SA 3.0 GFDL, via Wikimedia Commons

Militärisch sieht es für die Ukraine und ihre Helfer in London, Paris, Brüssel, Berlin und Warschau schlecht aus. Dem ukrainischen Militär gehen die Soldaten aus, dem Westen die lieferbaren Waffen. Der russische Vormarsch ist bislang langsam, aber stetig.

Status an der Front

Einige Kommentatoren haben seit mindestens eineinhalb Jahren den Zusammenbruch der ukrainischen Front prognostiziert. Dass das bislang nicht eingetroffen ist, hat mehrere Gründe. Erstens schafft es das ukrainische Militär durch immer brutalere Zwangsrekrutierungen, durch westliche Söldner und „Berater“ doch immer wieder, Lücken zu stopfen. Zweitens sind bislang noch neue westliche Waffen eingetroffen. Drittens kann die Ukraine im immer wichtiger gewordenen Drohnenkrieg einigermaßen mithalten.


Viertens und vor allem agierte Russland bislang immer noch recht zurückhaltend. Beispielsweise wurden die Brücken über den Dnjepr, die für die Versorgung der ukrainischen Front entscheidend sind, bis heute nicht zerstört, obwohl das für Russland leicht möglich wäre. Ebenso wurde die ukrainische Führung nicht ausgeschaltet.

Und schließlich visiert die russische Armee tatsächlich in erster Linie militärische Ziele an. Seit dem russischen Angriff am 24. Februar 2022 sind laut Zählungen des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte bis zum 30. April 2025 in der Ukraine 13.134 Zivilisten ums Leben gekommen. Die russische Armee mag für einen relevanten Teil dieser Toten verantwortlich sein. Gleichzeitig sind mindestens zwischen 250.000 und 300.000 Ukrainer an der Front gefallen, was einem Zivilisten-Soldaten-Verhältnis von 1:20 entspricht (im Vergleich dazu sind beim US-Angriff auf den Irak nach vorsichtigen Schätzungen zehnmal so viele irakische Zivilisten gestorben wie Militärs).

Auch wenn der russischen Seite der große Durchbruch bislang nicht gelungen ist, steht die Ukraine militärisch mit dem Rücken zur Wand. Dazu kommt, dass mit Donald Trump ein US-Präsident gewählt wurde, der anders als sein Vorgänger an einem Frieden tatsächlich interessiert scheint und zu entsprechenden Zugeständnissen bereit ist.

Status der Verhandlungen

Ende April legte die US-Regierung ein Angebot vor. Es beinhaltet, dass Russland die Krim offiziell und die vier weiteren Regionen de facto behalten kann, dass die Ukraine nicht der NATO beitritt und dass die Sanktionen gegen Russland aufgehoben werden. Auch aus russischer Sicht sind damit nicht alle Kriegsziele erreicht: Man muss auf die russischsprachigen Regionen Charkow und Odessa verzichten und in Kiew bleibt ein hochgerüstetes, aggressiv-nationalistisches, russenfeindliches Regime an der Macht.

Russland ist nach vielen gebrochenen Versprechen des Westens misstrauisch, verhandelt aus einer Position der Stärke, wird nach all den eigenen Opfern keine Geschenke machen. Das Angebot von Trump ist für Moskau wohl das Minimum. Die neue US-Regierung unterscheidet sich für Russland zwar deutlich von der kriegstreiberischen Biden-Administration. Gleichzeitig weiß man in Moskau nicht, ob womöglich in dreieinhalb Jahren wieder die globalistischen Scharfmacher in Washington den Ton angeben.


Wie wesentlichen Hindernisse für einen Frieden sitzen aber in Kiew und Westeuropa. Selenskyj und seine Clique könnten nach Kriegsende Wahlen kaum mehr verhindern und ihre Bilanz würde nicht gut ausfallen. Aktuell ist ein realistischer Abschluss nur unter Aufgabe von NATO-Mitgliedschaft, Krim und vier weiteren Regionen zu haben. Dazwischen liegen für die Ukraine mehr als drei Jahre Krieg mit hunderttausenden Toten, die für nichts auf die Schlachtbank getrieben wurden. Das können Selenskyj und Co. politisch nicht überleben.

Neben dem ukrainischen Regime sind es vor allem Emanuel Macron, Friedrich Merz, Keir Starmer und Ursula von der Leyen, die einen baldigen Friedensschluss verhindern. Sie sind schwach in den eigenen Ländern, betreiben aber ihre „Koalition der Willigen“. Sie haben nicht die Kraft, eine eigene Perspektive in die eine (militärische) oder andere (politische) Richtung durchzusetzen. Sie haben aber gerade noch genug Kraft, um das Regime in Kiew am Leben zu erhalten und einen „Deal“ zwischen den USA und Russland zu sabotieren. (https://diefreiheit.info/ukraine-woran-der-frieden-scheitert/)

Eskalation Nummer 1

In den Rahmen dieser Sabotage dürfte der Angriff auf einen Teil der so genannten „strategischen Triade“ Russlands fallen. In den geistig beschränkten westlichen Mainstreammedien wurde die Beschädigung der Flugzeuge aufgekratzt gefeiert wie ein Tor in einem wichtigen Fußballspiel. Teilweise machten sich diese Kriegspropagandisten auch darüber lustig, dass Russland die Flieger so gut sichtbar stehen ließ.

Diese Reaktion zeigt auch, wie ahnungslos diese Journaille ist. Auch wenn der Schaden deutlich geringer und die militärische Bedeutung überschaubar ist, handelt es sich bei dem Angriff in Wahrheit sich um ein Spiel mit dem Feuer.

Russland ließ seine strategischen Bomber ungeschützt auf dem Rollfeld stehen, weil das eine Auflage des neuen START-Vertrages ist, der 2010 unterzeichnet und bis Februar 2026 verlängert wurde. Das Abkommen schreibt vor, dass strategische Bomber für „nationale technische Verifizierungsmittel (NTM) wie Satellitenbilder sichtbar sein müssen, um eine Überwachung durch die andere Partei zu ermöglichen“. Ihr Zustand – ob mit konventionellen oder mit Atomwaffen – soll so jederzeit überprüfbar und damit eine „Überraschung“ durch einen Erstschlag ausgeschlossen sein.


Dieser einfache Mechanismus hatte und hat wesentlichen Anteil daran, einen Ausbruch eines Dritten Weltkriegs zu verhindern. Der Angriff auf die ungeschützten Bomber hat diesen Mechanismus wohl zerstört. Während ahnungslose und kriegsgeile Politiker und „Journalisten“ über den Angriff feixen, bemühen sich klügere Politiker und Militärs im Westen zu beschwichtigen, indem sie erklären, dass die Operation von der Ukraine ganz alleine durchgeführt wurde.

Das glaubt unter Kennern der Materie niemand. Erstens würde das Regime in Kiew eine solche Operation niemals ohne das OK seiner westlichen Hintermänner durchführen. Und höchstwahrscheinlich war auch westliches Know-How notwendig. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass zumindest der britische MI6 beteiligt war – möglicherweise auch die CIA, die in diesem Fall wohl ohne bzw. gegen Trump agiert hätte. Die russischen Geheimdienste sollen gegenwärtig „fieberhaft daran arbeiten, herauszufinden, ob Trump eingeweiht war oder nicht. Und wenn nicht, wer hat dann die endgültige Genehmigung erteilt?“ (https://linkezeitung.de/2025/06/04/warten-auf-die-oreshniks-waehrend-das-istanbuler-kabuki-nicht-negativ-weitergeht/)

Reaktion auf die Provokation

Was würden die USA tun, wenn etwa ein kubanisches Kommando mit Beteiligung oder Freigabe durch russische oder chinesische Geheimdienste in den USA einen Angriff auf die strategischen Bomberstaffeln durchführen würde? Aktuell ist die einzige positive Nachricht, dass Wladimir Putin am 4. Juni mit Trump telefoniert hat – und damit Gesprächskanäle weiter vorhanden sind. Putin hat im Gespräch offenbar eine Vergeltung angekündigt, die weh tut.

Worum es sich handeln wird, wird sich vermutlich bald zeigen. Während die Leuchten in den westlichen Redaktionsstuben Putin stets als kriegsgeilen Extremisten darstellen, war der russische Präsident bisher sehr besonnen – und hat wiederholt Nachteile im Krieg in Kauf genommen, um eine völlige Eskalation mit dem Westen zu vermeiden und doch noch zu einer Vereinbarung zu kommen.

Große Teile der russischen Öffentlichkeit sind der Meinung, dass Putin schon 2014, nach dem nationalistischen Putsch in Kiew, mit voller Wucht hätte intervenieren und eine Aufrüstung der Ukraine und damit den jetzigen Krieg verhindern sollen. Und viele in Russland vertreten die Ansicht, dass man das ständige Überschreiten von russischen roten Linien durch den Westen schon längst schärfer beantworten müsste – etwa durch die eine oder andere Hyperschallrakete vom Typ „Oreshnik“ auf ein westeuropäisches Rüstungswerk oder eine Geheimdienstzentrale. Als Signal, dass der westliche Spaß ständig neuer Provokationen vorbei ist.

Merz hat bisher die Taurus-Marschflugkörper nicht geliefert, weil Russland klar gemacht hat, dass es das als direkte deutsche Kriegsbeteiligung betrachten würde. Der britische Geheimdienst hat diese Linie nun vermutlich überschritten. In der russischen Öffentlichkeit, herrscht aktuell nahezu Einigkeit darüber, dass nun „die Oreshniks freigelassen werden müssen“.

Eskalation 2

Ein weiterer Schritt zu Eskalation wird gegenwärtig im Westen ganz offen vorbereitet, nämlich dramatische „Sekundärsanktionen“ gegen Russland und seine Partner. Die bisherigen zahllosen Sanktionspakete gegen die russische Wirtschaft haben Europa wesentlich mehr geschadet als Russland.

Nun werden im US-Kongress Sanktionen gegen die Länder vorbereitet, die russische Öl und Gas kaufen. Von Zöllen von 500 Prozent auf Waren aus diesen Ländern ist dabei die Rede. Dabei geht es vor allem um China und Indien, die Hauptimporteure russischer Energie.

Betrieben wird diese Eskalation im US-Kongress nicht nur von den weiterhin kriegsgeilen Demokraten. Führend beteiligt sind auch die Republikaner, die nicht zu Trumps isolationistischer, multipolarer MAGA-Bewegung gehören, sondern zum neokonservativ-globalistischen Polit-Establishment in Washington.

Eine zentrale Rolle spielt dabei der republikanische Senator Lindsey Graham, der in antirussischem Eifer für die Maßnahmen trommelt. Anfang Juni ist er durch die europäischen Hauptstädte gereist, um für die Sanktionen zu werben. Die Mainstreammedien haben ihm natürlich entsprechend begeistert viel Raum geben, etwa die Tagesschau am 2. Juni: https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tagesthemen/video-1472746.html

Sollten solche Sekundärsanktionen der USA – wohl gemeinsam mit den europäischen Regierungen – in Kraft gesetzt werden, wären die Auswirkungen dramatisch. Wie Indien reagieren würde, ist schwer zu sagen. Dass China vor den USA kapitulieren würde, ist eher unwahrscheinlich. Wenn China das nicht tut, wären die Auswirkungen aus die Ökonomien beider Länder und Weltwirtschaft insgesamt wohl verheerend.

Insgesamt wird die Eskalation gegenüber Russland betrieben von der Spitzen in London, Paris, Berlin und Brüssel gemeinsam mit dem Tiefen Staat und dem alten globalistischen Polit-Establishment der USA. Trump, JD Vance und ihre Leute versuchen, dagegen zu halten. Es wird sich zeigen, welche Kräfte sich durchsetzen. Zuletzt hat Trump eine Einladung nach Peking angenommen, um mit der chinesischen Führung die Handelskonflikte auszuräumen.

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