Trumps Ukraine-Friedensplan zwischen Hoffnung und Sabotage

Der ursprüngliche 28-Punkte-Entwurf der USA ist realistisch und verlangt auch von Russland Zugeständnisse. Der Zeitpunkt der Vorlage dürfte nicht zufällig sein. Die europäischen Spitzen sind in Panik. Ihre "Gegenvorschläge" sind einerseits lächerlich, haben aber anderseits Sabotagepotential.
The White House, Public domain, via Wikimedia Commons

Der Friedensplan für die Ukraine, den die Regierung von Donald Trump entwickelt hat, bildet die Realitäten im Frontgeschehen und im Konflikt zwischen Russland und dem Westen ab. Er entwirft nicht nur eine Friedensperspektive für die geschundene Bevölkerung in der Ukraine (und da insbesondere die in den hauptbetroffenen russischsprachigen Regionen im Osten). Er liefert auch das Grundgerüst einer neuen europäischen Friedensarchitektur.

Der Zeitpunkt, an dem Trumps Plan öffentlich geworden ist, dürfte kein Zufall sein. Das Regime in Kiew steckt in der Korruptionskrise und ist pleite. Seine Unterstützer London, Paris, Berlin, Warschau und Brüssel können es weder finanziell noch hinsichtlich militärischer Ausrüstung retten. Die russische Armee rückt vor. Und anders als von manchen prorussischen Kommentatoren seit drei Jahren als unmittelbar bevorstehend prophezeit scheint die ukrainische Front nun tatsächlich an ersten Stellen zu brechen.

Laut einer repräsentativen Gallup-Umfrage in den noch von Kiew beherrschten Gebieten sind 69 Prozent der Ukrainer mittlerweile für einen möglichst baldigen Friedensschluss (nur noch 24 Prozent wollen „bis zum Sieg“ weiterkämpfen). Jedem einigermaßen vernunftbegabten Politiker in Kiew oder Westeuropa müsste klar sein, dass es für die Ukraine nicht mehr besser wird.

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Es gibt nur drei Optionen: Erstens, um die bisherige Agenda zu retten, die völlige Eskalation mit dem Einsatz westeuropäischer Soldaten und der Wahrscheinlichkeit nuklearer Verwüstungen. Zweitens die Annahme von Trumps realistischem Plan. Drittens den bisherigen Niedergang noch etwas hinauszögern, um in ein paar Monaten einen ähnlichen Plan mit etwas weniger Territorium schlucken zu müssen.

Was soll Russland bekommen?

Der zentralste Punkt war und ist für Russland der einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Russland hat der NATO Ende 2021 Verhandlungen über eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur in Europa angeboten. Der Westen hat darauf nicht reagiert, sondern im Gegenteil für 2022 den Beschluss eines ukrainischen NATO-Beitritts geplant. Das war der wesentlichste Grund, warum Russland im Februar 2022 in der Ukraine einmarschiert ist.

Hier ging Trump nun auf Russland zu. Die NATO soll in ihren Statuten festlegen, dass sie sich nicht auf die Ukraine ausdehnen wird und dass keine Truppen von NATO-Staaten in der Ukraine stationiert werden. Es soll in Europa ein umfassendes Nichtangriffsabkommen und ähnliches geben – also den Beginn einer europäischen Sicherheitsarchitektur. Russland soll zurück in die G8, die Sanktionen sollen weitgehend zurückgezogen werden. Das alles hätte der Westen 2021 haben können. Aber besser jetzt als nie.

Russland würde nach dem US-Plan auch die offizielle Anerkennung des Westens bekommen, dass die Krim, die beiden Donbass-Regionen Donezk und Lugansk sowie Teile von Saporischschja und Cherson nun (wieder) russisch sind. Außerdem müsste Kiew Minderheitenrechte nach EU-Standards einführen, also das weitgehende Verbot der russischen Sprache, die für 40 Prozent der Bevölkerung Muttersprache ist, aufheben. 

Worauf Russland verzichten müsste


Anders als im politischen und medialen Mainstream Westeuropas dargestellt, ist Trumps Vorschlag allerdings keineswegs einseitig prorussisch. Auch Russland muss einige schwerwiegende Zugeständnisse machen. Auf der territorialen Ebene muss Russland auf die überwiegend russischsprachigen Regionen Charkow und Odessa sowie auf Teile der Regionen Cherson und Saporischschja verzichten. Und im Gegenzug für den noch nicht eroberten Teil der Region Donezk müsste es die russisch kontrollierten Gebiete der Regionen Charkow und Dnepropetrowsk räumen.

Außerdem würde Russland die Kriegsziele der „Entmilitarisierung“ und „Entnazifizierung“ der Ukraine nicht erreichen. In Kiew bliebe das aktuelle oder ein ähnlich rabiat nationalistisches und antirussisches Regime mit seiner Verherrlichung des NS-Kollaborateurs Stephan Bandera an der Macht. Das in Punkt 20c festgeschriebene Verbot von Nazi-Aktivitäten wird nur allzu leicht am Papier bleiben, indem man weiterhin behauptet, der Banderismus habe mit dem Nazismus nichts zu tun. Ähnliches gilt freilich auch für die Minderheitenrechte, denn rechtliche Bestimmungen können durch Alltagsterror leicht ausgehebelt werden.

Zusätzlich müsste Russland die Kontrolle über das AKW Saporischschja der IAEO übergeben und den Strom mit der Ukraine teilen. Und schließlich müsste Russland hinnehmen, dass 100 Milliarden seines Vermögens enteignet und für den „Wiederaufbau der Ukraine“ verwendet werden. Ob diese Gelder tatsächlich bei der Bevölkerung ankommen, ist bei einem dermaßen korrupten Regime äußerst fraglich. Und zweitens würden diese Gelder ausschließlich der Rest-Ukraine zugute kommen – und nicht den russischsprachigen Gebieten im Osten, die am meisten zerstört wurden und die dann zu Russland gehören würden. Die restlichen zwei Drittel der im Westen eingefrorenen russischen Vermögenswerte (also etwa 200 von etwa 300 Milliarden) würden in ein US-russisches Investitionsprojekt gehen, wären also zum Vorteil der USA zweckgebunden.

Die westeuropäische Sabotage und ihre Gründe

Natürlich sind die westeuropäischen Mächte mit einigen Punkten im US-Entwurf nicht glücklich. Denn für den ukrainischen Wiederaufbau sollen zu den 100 Milliarden von Russlands eingefrorenen Gelder auch noch weitere 100 Milliarden von Westeuropa dazukommen, die USA aber 50 Prozent der Gewinne aus diesem Projekt erhalten. Die in Punkt 11 festgehaltene Option eines EU-Beitritt der Ukraine ist alles andere als ein Geschenk für die EU-Ländern, denn eine Aufnahme des bankrotten großen Landes im Osten würde Unsummen kosten und auch all die Staaten, die bisher Empfänger für Hilfen waren, zu Nettozahlern machen.

Außerdem hat das EU-Establishment längst auch ökonomische und politische Eigeninteressen am Krieg in der Ukraine. Neue Ukraine-Fonds und Vergabestrukturen haben eine Bürokratie geschaffen, die davon „lebt“. Außerdem bietet der Ukraine-Krieg die Möglichkeit, mit riesigen Rüstungsprogrammen eine künstliche Konjunktur zu schaffen. Die seit 2021 um 50 Prozent gestiegenen Verteidigungsausgaben der EU-Länder sind auch ein ökonomisches Stützungsinstrument für die niedergehende EU-Wirtschaft. (https://diefreiheit.info/ukraine-warum-europaeische-regierungen-ihre-gescheiterte-strategie-fortsetzen/)


Und tatsächlich ist der Aktienkurs des führenden deutschen Rüstungsunternehmen Rheinmetall nach Bekanntgabe des US-28-Punkte-Plans gleich mal ordentlich eingebrochen. 2022 kostete die Rheinmetall-Aktie 93 Euro. Mithilfe der deutschen Kriegspolitik stieg sie auf 1840 Euro. Als Reaktion auf Trumps Friedensplan rutschte sie auf 1.519 Euro ab. Sollte tatsächlich in der Ukraine der Frieden ausbrechen oder gar eine europäische Friedensarchitektur zustande kommen, haben die Aktien von Rheinmetall und ähnlichen Konzernen noch viel Luft nach unten. Dementsprechend groß ist die Friedensangst der westeuropäischen Eliten.

Zusätzlich haben sich die Herrschenden in London, Paris, Berlin und Brüssel politisch an den Krieg gebunden. So wie der politisch verblichene Joe Biden haben sie jahrelang als antirussische Scharfmacher agiert, vor Kriegsmüdigkeit gewarnt, immer neue Sanktionen und Waffenlieferungen durchgesetzt – und Kampf „bis zum Sieg“ über Russland beworben. Würden sie nun Trumps Plan zustimmen, wäre das eine offene politische Bankrotterklärung. Da Keir Starmer, Emanuel Macron und Friedrich Merz allesamt innenpolitisch angeschlagen sind, könnte dieser Bankrott ihren Abgang beschleunigen. Deshalb wollen sie wohl die außenpolitische Konfrontation aufrechterhalten oder sogar eskalieren.

Hindernis Selenskyj

Ein wesentliches Hindernis für erfolgreiche Friedensverhandlungen sind natürlich auch Volodymyr Selenskyj und seine Clique. Nach Kriegsende könnten sie Wahlen kaum mehr verhindern und ihre Bilanz würde nicht gut ausfallen. Im Frühjahr 2022 hätten sie mit dem Verzicht auf einen NATO-Beitritt und auf die Krim sowie Autonomie für Teile der Regionen Donezk und Lugansk ein sofortiges Kriegsende haben können. Sie haben aber damals, offenbar nach britischer Intervention, die Gespräche abgebrochen, um auf einen militärischen Sieg zu setzen.

Aktuell ist ein realistischer Abschluss nur unter Aufgabe von NATO-Mitgliedschaft, Krim und zwei ganzen und zwei halben weiteren Regionen zu haben. Dazwischen liegen für die Ukraine mehr als dreieinhalb Jahre Krieg mit hunderttausenden Toten, die für nichts auf die Schlachtbank getrieben wurden. Das können Selenskyj und Co. politisch nicht überleben. Und ein solcher Friedensschluss könnte die neonazistischen Verbände in der Ukraine auch dazu motivieren, dass der Präsident das physisch nicht überlebt.

Selenskyj ist wohl nur noch aufgrund der Rückendeckung einiger europäischer Staatschefs an der Macht. Aber auch in der westeuropäischen medialen Öffentlichkeit hat sein Nimbus als antirussischer Held längst Kratzer bekommen. Die gehäuften Berichte über die massive Korruption in seiner Administration zeigen das. Auch Gerüchte über seine Ablöse mehren sich. Die in Trumps Entwurf festgeschriebenen Neuwahlen binnen 100 Tagen würden ihn wohl kaum im Amt bestätigen.

Europäische Gegenvorschläge

Starmer, Macron und Merz hatten den US-Plan abgelehnt und „Gegenvorschläge“ präsentiert. Im Kern sind es vier entscheidende Änderungen zum US-Entwurf: Erstens soll sich Ukraine nicht aus den noch von ihr gehaltenen Gebieten von Donezk zurückziehen müssen. Zweitens sollen der Anschluss von Donezk, Lugansk, Saprischschja und Cherson an Russland nicht international anerkannt werden. Drittens soll der Ukraine die Option eines NATO-Beitritts offenbleiben. Viertens sollen „vorübergehend“ westliche Truppen in der Ukraine stationiert werden (französische Kriegstreiber fabulieren ja schon seit langem von einer Landung in Odessa wie nach dem 1. Weltkrieg).

Das ist wertloser Müll und gleichbedeutend mit einer Erklärung zur Fortsetzung des Krieges. Denn der mögliche NATO-Beitritt der Ukraine und die drohende Stationierung westlicher Truppen im Land waren für Russland wie gesagt der entscheidende Kriegsgrund. Wenn das nicht ausgeschlossen wird, wird Russland einer Waffenruhe oder einem Friedensvertrag nicht zustimmen. Und Wladimir Putin hat zu den westeuropäischen Proklamationen auch erklärt, dass Russland den Rest von Donezk erobert werde, wenn sich die Ukraine nicht freiwillig daraus zurückziehe. Nach so vielen Opfern wird Russland nicht (wie noch im April 2022) auf Teile des Donbass verzichten.

Dass in Westeuropa kriegstreiberische Verrückte an wesentlichen Machtpositionen sitzen, demonstrierten zuletzt auch zwei führende Generäle. Fabien Mandon, Generalstabschef der französischen Armee, sagte bezüglich einer Involvierung in der Ukraine und der nötigen Kampfbereitschaft, „wir müssen akzeptieren, unsere Kinder zu verlieren“. Und Christian Freuding, der oberste Vorgesetzte des deutschen Heeres behauptete, man sei bereit für den „fight tonight“, müsse aber noch kriegstüchtiger werden.

Perspektiven

Glücklicherweise scheinen die Maulhelden unter den westeuropäischen Politikern und Generälen nicht viel zu sagen zu haben. Die Ukraine scheint zu kapieren, dass Washington entscheidend ist, und hat zuletzt vor allem mit US-Vertretern verhandelt. Angeblich ist dabei nun ein 20-Punkte-Plan herausgekommen, über den aber bisher nicht viel und nichts Definitives bekannt ist.

Fakt ist jedenfalls, dass Russland nur bei einem Ausschluss eines ukrainischen NATO-Beitritts und einem Rückzug aus Donezk zustimmen wird. Im anderen Fall wird der Krieg weitergehen. Das Momentum liegt auf russischer Seite. Russland kann mit Verhandlungen zuwarten und weiter vorrücken. Die Ukraine wird in diesen beiden Kernpunkten nachgeben müssen. Die etwa 70 Prozent der ukrainischen Bevölkerung, die gegen eine Fortsetzung des Krieges sind, dürften das auch verstehen.

Wie lange sich das Regime in Kiew noch mit westeuropäischer Unterstützung an den Kriegskurs klammern will, ist fraglich. Ebenso wie die Frage, ob sich die politischen und militärischen Maulhelden in Westeuropa ohne die USA tatsächlich auf eine Eskalation mit Russland einlassen würden. Entscheidend wird letztlich sein, ob die US-Regierung ihren realistischen Kurs aus dem 28-Punkte-Plan, der beispielsweise auch von Ungarn unterstützt wird, nun endlich konsequent durchziehen – oder unter dem Einfluss von Westeuropa und den Teilen der US-Republikaner, die zum alten Polit-Establishment in Washington gehören und den MAGA-Trumpismus ablehnen, wieder umfallen.

Dieser Text erschien zuerst hier: https://transition-news.org/trumps-ukraine-friedensplan-zwischen-hoffnung-und-sabotage

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