Israelische Neuordnung in Syrien und Libanon

Gegenüber den „Palästinensern“ wird der jüdische Staat kaum mehr naive Kompromisse machen. Israel könnte aber nun aber auch daran gehen, Grenzen im Umfeld neu zu ziehen und neue Bündnispartner zu ermächtigen.
Supreme Deliciousness, CC BY-SA 1.0, via Wikimedia Commons

Jahrzehntelang hat Israel versucht, mit seinen islamischen Nachbarn ein friedliches Auskommen zu finden. Das war aber mit einer Kultur, die vorherrschend aggressiv und expansiv geprägt ist, nicht möglich. Mit weniger als der Vernichtung des jüdischen Staates wollten sich seine Feinde nicht zufriedengeben. Jede Zurückhaltung und jedes Entgegenkommen wurden von der arabischen Seite seit Jahrzehnten als Schwäche und als Einladung zu weiteren Angriffen interpretiert.

Nach den Erfahrungen in Gaza, das die israelische Armee 2005 geräumt hat, das den Arabern „judenfrei“ übergeben und in die Unabhängigkeit entlassen wurde, wird Israel gegenüber den „Palästinensern“ nun eine entschlossene Linie fahren. Neuerliche staatliche Strukturen unter der Kontrolle von Kräften, die ein arabisch-islamisches „Palestine from the river to the sea“ anstreben, werden wohl nicht mehr zugelassen werden.

Wenn die israelische Führung klug und entschlossen ist, wird sie aber das Momentum nutzen und auch gegenüber Syrien und dem Libanon eine Neuordnung anstreben. Die Rückendeckung der USA ist klarer als seit langem. Vor allem die jungen Israelis sind für einen scharfen Kurs. Und insgesamt hat sich die Mentalität in Israel zu einem selbstbewussten Kurs der Stärke verschoben.


Syrien und der Libanon haben eine wechselvolle Geschichte, waren lange weitgehend christlich-orthodoxe Gebiete unter byzantinischer Herrschaft, die später immer mehr islamisiert wurden. Ihre heutigen Grenzen gehen auf das imperialistische Sykes-Picot-Abkommen von 1916 und den Vertrag von Sevres 1920 zurück. Dass heutige „antiimperialstische“ westliche Linke diese Grenzen für sakrosankt erklären, ist lachhaft und nur dadurch zu erklären, dass diese Linken den Dschihadisten die Steigbügel halten und alles unterstützen, was gegen Israel geht.

Drusen und Kurden

Die künstlichen Grenzziehungen sind ein wesentlicher Grund dafür, dass es sich bei Syrien und dem Libanon um gescheiterte Staaten handelt. Sie sind zerrissen durch zahlreiche ethnische und religiöse Gruppen. Dass mit israelischer Intervention hier eine Neuordnung stattfinden könnte, würde einigen drangsalierten Minderheit zu Gute kommen. Neue Grenzziehungen und Bevölkerungsaustausch würden mittel- und langfristig Konflikte entschärfen und alle die Möglichkeit einer besseren Entwicklung geben.

Am klarsten ist die Perspektive bezüglich der Drusen, einer religiösen Strömung, die zwar aus dem Islam kommt, aber kaum mehr etwas mit ihm zu tun hat, sondern mehr mit Mystik und Seelenwanderung, und die etwa Missionierung ablehnt. Diese Minderheit mit etwa 700.000 Angehörigen in Syrien lebt ziemlich kompakt im Süden an der Grenze zu Israel und zum Libanon.

Zuletzt wurden sie vom neuen dschihadistischen Regime in Syrien und von seinen Handlangern unter sunnitisch-arabischen Beduinen attackiert. Dabei wurden in der Ebene unterhalb von Suweida in einem Pogrom im Stile des 7. Oktober 2023 etwa 30 drusische Dörfer niedergebrannt und die Einwohner regelrecht abgeschlachtet. Dschihadisten filmten sich gegenseitig, wie sie stolz abgeschlagene Köpfe von drusischen Frauen und Kindern und sogar ein herausgeschnittenes Herz eines Drusen herumzeigen und dabei „Allahu Akbar“ brüllen. Bei diesen monströsen Massakern wurden mindestens 2000 Drusen ermordet und – ganz in der islamischen Expansionstradition – etwa 300 Drusen, vor allem junge Frauen und Mädchen, verschleppt. Die westliche Linken und die globalistischen Mainstreammedien schwiegen über diese Verbrechen weitgehend, stattdessen hofierte der französische Präsident den Anführer der Mörderbanden.

Die drusischen Milizen haben sich, so gut es ging, verteidigt, was in der Ebene mit unterlegener Bewaffnung kaum möglich war, im Gebirge um Suweida einermaßen funktioniert. Wesentlich dafür war die Unterstützung durch die israelische Luftwaffe. Das war keine Überraschung, denn in Israel leben etwa 150.000 Drusen, die dort eine anerkannte und loyale Minderheit darstellen. Viele Drusen dienen in der israelischen Armee bis in höchste Funktionen. Israel sieht sich zunehmend als Schutzmacht auch für die syrischen Drusen, die dem jüdischen Staat wiederum freundschaftlich gegenüberstehen.


Allerdings war die Unterstützung bisher halbherzig. Die Drusen werden nun seit Wochen im Gebirge um Suweida von den Dschihadisten belagert. Und während Israel – unter dem Druck der proislamischen internationalen Medien – täglich zig Tonnen an Lebensmittel an seine Feinde in Gaza liefert, leiden die Drusen unter Hunger und Wassermangel. Es fehlen Medikamente, sodass verwundeten drusischen Kämpfern Gliedmaßen amputiert werden müssen, weil die Wunden nicht ordentlich versorgt werden können. Die gelegentlichen israelischen Lieferungen reichen bei weitem nicht aus.

Israelische Drusen und ihre Unterstützer fordern eine entschiedenere Hilfe Israels für Suweida, so etwa Mansur Ashkar, ein ehemaliger drusischer Offizier israelischer Spezialeinheiten, in diesem sehenswerten Video: https://www.youtube.com/watch?v=eNGcDkaDXsk Als ersten und sofortigen Schritt verlangt Ashkar die Einrichtung eines „humanitären Korridors“ von den israelischen Golanhöhen, wo auch viele Drusen leben, ins Gebiet von Suweida, um die 600.000 Drusen dort wirklich versorgen zu können. Seiner Meinung nach würden die Drusen, ausreichend bewaffnet von Israel, diesen Korridor am Boden selbst sichern; wenn die israelische Luftwaffe die Kontrolle in der Luft übernimmt.

Dass Israel die Drusen in Syrien bisher nicht stärker unterstützt, liegt aus Sicht von Ashkar daran, dass Staaten wie die Türkei, Katar und auch Saudi-Arabien diesbezüglich Druck auf die USA machen, die wiederum Israel die Hände binden. Ashkar macht deutlich, dass die syrischen Dschihadisten die Drusen im Land ausrotten wollen. Die syrischen Drusen würden nicht nur deshalb gerne Israelis werden, sondern auch, weil sie sehen, wie gut die israelischen Drusen leben.

Es ist jedenfalls nur logisch, die Drusengebiete aus dem syrischen Staat herauszulösen, sie Israel anzugliedern oder eine Art Eigenstaatlichkeit unter israelischem Schutz herzustellen oder eine Art Konföderation zu bilden. Daran hat Israel mehrfaches Interesse. Erstens entsteht ein Puffer zum syrisch-sunnitischen Regime. Zweitens gewinnt man in der Region wehrhafte Verbündete. Drittens erleichtert es die Kontrolle über das jüngst israelisch besetzte Hermon-Gebirge, das militärisch gegenüber Syrien und dem Libanon ebenso wichtig ist wie als Wasserquelle für den jüdischen Staat.

Ebenso logisch ist es, dass Israel die syrischen Kurden im Nordosten des Landes gegen die neuen dschihadistischen Machthaber in Damaskus unterstützen wird. Zu den Kurden hat Israel zwar keine Landverbindung und sie sind mehrheitlich auch Sunniten, aber relativ säkular und modern ausgerichtet. Außerdem steht für sie ihre ethnisch-nationale Identität gegenüber Arabern und Türken im Vordergrund. Sie machen mit 2,5 Millionen Menschen etwa 10 Prozent der syrischen Bevölkerung aus, sind militärisch gut organisiert und kontrollieren ihre Gebiete weitgehend. Wenn Israel klug ist, wird es die Kurden gegen die in Damaskus herrschenden Al-Kaida-Nachfolger, die zwar von westlichen Politikern wie Emanuel Macron hofiert werden, denen man aber vorsorglich die Luftwaffe zusammengeschossen hat, unterstützen. Konkret geht es hier vor allem darum, den kurdischen Luftraum zu schützen, dschihadistische Vormärsche gegen die Kurden zu unterbinden und Schritte Richtung kurdische Staatlichkeit zu fördern.

Christen in Syrien und im Libanon


Komplizierter als bei Drusen und Kurden ist die Sache bei den syrischen Christen sowie bei den Alawiten. Die Situation und die Perspektiven beider Minderheiten sind nur in Zusammenhang mit dem Libanon sinnvoll zu diskutieren.

Das Gebiet des heutigen Syrien wurde ab der arabischen Eroberung im 7. Jahrhundert islamisiert. Dennoch waren noch um 1900 etwa 30 Prozent der Bevölkerung orthodoxe Christen. Sie wurden aber auch in spätosmanischer Zeit massiv schikaniert und bedrängt. In der Folge emigrierten allein zwischen 1900 und 1919 etwa 800.000 syrische Christen in die USA (angesichts der damaligen Bevölkerungsgröße eine riesige Anzahl). Zwischen 1915 und 1917 wurden in einem Völkermord bis zu 250.000 syrische Christen von osmanisch-türkischen Nationalisten ermordet. Auch in den folgenden Jahrzehnten wurde ihr Anteil an der Bevölkerung stetig geringer. Obwohl unter dem Assad-Regime relativ geschützt, lag ihr Anteil schon 2010 nur mehr bei etwa 10 Prozent, also 2,5 Millionen. Durch Bürgerkrieg, islamistischen Terror und Auswanderung ging ihre Zahl seitdem nochmal deutlich zurück. Da die syrischen Christen außerdem verstreut leben und nun Hardcore-Islamisten das Land beherrschen, ist ihre Perspektive in Syrien düster.

Im Libanon ist die Situation der Christen noch anders. Das Land stand ebenfalls ab dem 7. Jahrhundert die meiste Zeit unter islamischer Herrschaft. Die Islamisierung lief aber unterm Strich weniger erfolgreich. Noch bis in die 1960er Jahre waren die (meist orthodoxen) Christen mit etwa 55 Prozent die Mehrheit im Land. Dennoch gab es bereits im 19. Jahrhundert osmanisch-islamischem Druck. Dann durch den libanesischen Bürgerkrieg 1975 bis 1990 verließen vor allem libanesische Christen das Land, sodass heute in Brasilien, den USA und anderen Ländern viele Millionen libanesische Christen leben. Aktuell, nach palästinensischer und syrischen Flüchtlingen und höheren Geburtenraten, machen Muslime etwa 53 Prozent der ungefähr 5 Millionen Libanesen aus – jeweils zur Hälfte Sunniten und Schiiten. Die Christen machen etwa 42 Prozent aus; der Rest sind im Wesentlichen die 200.000 Drusen im Land.

Bislang war die dschihadistische Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon eine Art Staat im Staate. Unterstützt vom Assad-Regime in Syrien und vom Iran der Mullahs war ihre Macht groß. Sie revanchierte sich bei Assad durch die Bereitstellung von Truppen im Bürgerkrieg gegen die sunnistischen Extremisten in Syrien. Nun ist das Assad-Regime von diesen Al-Kaida-Leute gestürzt, der Iran geschwächt, die Hisbollah durch israelische Angriffe zurechtgestutzt. Ohne die iranische Rückendeckung und Nachschub aus Syrien steht die Hisbollah innenpolitisch unter Druck und die libanesische Regierung forderte jüngst ihre Entwaffnung. Die Hisbollah drohte daraufhin mit Bürgerkrieg.

Da Israel bezüglich der Hisbollah und dem Libanon, aus dem es immer wieder angegriffen wurde, Sicherheitsinteressen hat, könnte es beginnen, hier größer zu denken. Konkret könnte es einerseits den libanesischen Christen ein vielversprechendes Angebot machen und andererseits den militärischen Druck auf das syrische Dschihadistenregime erhöhen – um schließlich einen Deal abzuschließen.

Den klügeren libanesischen Christen wird klar sein, dass ihnen mittel- und langfristig dasselbe Schicksal droht wie den Christen im Syrien, in Ägypten und diversen anderen arabisch-islamischen Staaten, dass sie durch Geburtenraten, Terror und Abwanderung auf absehbare Zeit zur marinalisierten Minderheit im eigenen Land werden. Mit nachdrücklicher israelischer Unterstützung könnte der Ausweg ein Bevölkerungsaustausch mit Syrien sein. Syrien müsste die libanesischen Sunniten und Schiiten aufnehmen, die syrischen Christen, egal ob noch im Lande oder in den letzten Jahren vertrieben, könnten im Libanon eine neue Heimat finden.

Der Libanon könnte zu einem christlichen Staat im Nahen Osten werden, zur Zufluchtsstätte auch für andere orientalische Christen. Wichtig wäre, dass die Maroniten, die Griechisch-Orthodoxen, die Syrisch-Orthodoxen und andere eine gemeinsame Identität finden, so wie es die in Israel gesammelten Juden vorgezeigt haben. Ein zentraler Aspekt wäre dabei eine gemeinsame Sprache, die eben gerade nicht die des arabischen Kolonialismus sein sollte. Israel hat dazu das Hebräische als Alltagssprache wiederbelebt. Für einen Staat der orientalischen Christen im Libanon würde sich entweder Aramäisch anbieten, die ehemalige Verkehrssprache der Region und die Sprache von Jesus Christus, oder Griechisch, die Sprache, die die orthodoxen Christen der Region während der byzantinischen Zeit sprachen.

Der libanesische Christenstaat könnte unter dem Schutz Israels stehen, militärisch aufgebaut und zu einem verlässlichen Verbündeten des jüdischen Staates werden, mit loyalen drusischen Minderheiten in beiden Staaten. Und der christliche Libanon könnte auch politische und wirtschaftliche Unterstützung der großen libanesisch-christlichen Diaspora erhalten und – so wie Israel – vorzeigen, dass auch im Nahen Osten ein moderner prosperierender Staat möglich ist (wenn nicht eine archaische Herrschaftsideologie wie der Islam den Fortschritt behindert).

Alawiten und Schiiten

Der Kontrast eines modernen christlichen Staates im Libanon zu dem islamischen Restsyrien wird mutmaßlich deutlich sein. Denn höchstwahrscheinlich werden dort die sunnitischen und schiitischen Befolger der „Friedensreligion Islam“ ihre Meinungsverschiedenheit um die reine religiöse Lehre auf ihre übliche Weise austragen. Allerdings würde sich die Frage stellen, wo in Syrien die Schiiten aus dem Libanon, die weitgehend der Hisbollah anhängen, landen würden und was das für die alawitische Minderheit in Syrien bedeuten würde.

Die Alawiten sind eine Abspaltung des schiitischen Islams, die erhebliche mystische Elemente hat, die „fünf Säulen des Islam“ allegorisch auslegt. Alawiten haben keine Moscheen, dürfen Alkohol trinken und sind insgesamt eine moderate, relativ moderne Strömung. Sie machen etwa 12 Prozent der syrischen Bevölkerung aus, leben sehr kompakt im syrischen Küstengebirge und stellen dabei in den beiden Provinzen Latakia und Tartus die Mehrheit der Bevölkerung.

Bereits in der Zeit des französischen Völkerbundmandats hatten sie dort (wie auch die Drusen im Süden) zeitweise einen eigenen Staat. Im Assad-Regime waren nicht nur die Präsidenten Alawiten, sondern auch viele hohe Staatsbeamte und Militärs. Im syrischen Bürgerkrieg hielt sich das Regime mit Hilfe aus dem schiitischen Iran und der schiitischen Hisbollah-Milizen gegen die sunnitischen Dschihadisten, die wiederum die Hilfe von der Türkei und Katar hatten, an der Macht. Im Zuge der Auseinandersetzungen rief der einflussreiche und berüchtigte aus Ägypten stammende und von Katar aus auf Al Jazeera predigende Yusuf al-Qaradawi 2013 zum Kampf gegen die Alawiten auf, die „ungläubiger als Juden und Christen“ seien.

Nach dem Sturz des Assad-Regimes durch die von der Türkei gelenkten Al-Kaida-Nachfolger stehen die Alawiten in Syrien unter massivem Druck ihrer sunnitisch-dschihadistischen Todfeinde und sind wiederholt mörderischen Übergriffen ausgesetzt. Obwohl Assad und seine Kader gemeinsam mit dem Iran und der Hisbollah rabiat antiisraelisch waren (und sich Syrien ja seit 1948 offiziell im Kriegszustand mit Israel befindet) könnte dieser Druck die Stimmung unter den Alawiten rasch ändern.

Wenn sich die Alawiten für den Weg in Richtung Unabhängigkeit entscheiden, werden sie bei der militärischen Durchsetzung für Hilfe der israelischen Luftwaffen dankbar sein. Generell könnte sich unter israelischem Schutz aus den beiden syrischen Küstenprovinzen ein relativ moderner und säkularer alawitischer Staat entstehen, der mit einem christlichen Libanon die jeweiligen Minderheiten (Alawiten aus dem Libanon, Christen aus dem Alawitenstaat) austauscht oder auch nicht. Sicherstellen müssten die Alawiten allerdings, dass ihre ehemaligen Verbündeten, die Fanatiker der Hisbollah, nicht in ihrem Staat landen, denn das würde eine moderne Entwicklung torpedieren.

Ob sich ein Alawitenstaat und auch ein Bevölkerungsaustausch-Deal zwischen dem Libanon und Syrien realisieren lassen, wird freilich auch von geopolitischen Faktoren abhängen. Wie stark bringen sich die USA unterstützend ein? Wie wird sich das israelisch-russische Verhältnis entwickeln? Kann die Türkei, die das neue Islamistenregime in Damaskus in einer Art neoosmanischer Ausrichtung als Protektorat betreibt, zu solchen Deals gezwungen werden? Wie geht es mit dem Mullah-Regime weiter? Gelingt Israel eine Fortsetzung der Normalisierung mit den VAE, den Saudis und Ägypten? All diese Fragen israelischer Regional- und Geopolitik müssen einem späteren Artikel vorbehalten bleiben.

Israelische Vorbereitungen

Dass es sich bei den oben ausgeführten Perspektiven nicht um nebulose Hirngespinste handelt, zeigen israelische Aussagen und Aktivitäten den letzten Monaten. Ende August äußerte sich General Amir Avivi, Sprecher des Israel Defense and Security Forum (IDSF), eines Zusammenschlusses von 34.000 Reserveoffizieren mit guten Verbindungen zu Armeeführung und Regierung, eindeutig: Israel habe kein Interesse am Wiedererstarken eines einheitlichen syrischen Staates. Die dortigen Minderheiten wüssten sehr gut, dass ihnen unter der Herrschaft der Al-Kaida-Dschihadisten die vollständige ethnische Säuberung drohe. Israel solle sie militärisch und politisch unterstützen. (https://www.youtube.com/watch?v=EnpdZeI4xhY)

Aber auch konkrete Schritte werden angeblich bereits unternommen, offenbar unter Beteiligung von US-Stellen und als Projekt „Westsyrien“. In Washington soll das „Institute for Near East Policy“ von Michael Singh beteiligt sein. Von israelischer Seite läuft der Plan angeblich über zwei Koordinatoren – General „Yael“ und Kapitän „Robert“. Es soll bereits konkrete Pläne geben, unter israelischer Aufsicht neue Realitäten auf beiden Seiten der syrisch-libanesischen Grenze zu schaffen.

Am 5. August gab die auf Regierungsbeziehungen und strategische Beratung spezialisierte Firma Tiger Hill Partners in der US-Hauptstadt bekannt, dass sie als offizieller Vertreter der „Stiftung für die Entwicklung Westsyriens” fungieren werde. Tiger Hill, das sich auf Regierungsbeziehungen und strategische Lobbyarbeit spezialisiert hat, versprach, sich für Christen, Drusen, Alawiten, Kurden und „moderate Sunniten” einzusetzen und gleichzeitig mit US-Politikern zusammenzuarbeiten, „um den politischen Wandel in Syrien zu gestalten“.

Bereits Ende Juli war in Syrien eine Küstenfraktion namens „Saraya al-Jawad” (Männer des Lichts) erstmals in Erscheinung getreten. In ihrer Erklärung griff die Gruppe den neuen syrischen Präsidenten Abu Mohammad al-Julani (Ahmad al-Sharaa), den Emir von Katar und den Präsidenten der Türkei an, während sie Ägypten, dem israelischen Journalisten Eddy Cohen und namhaften Exilanten aus den Reihen der Alawiten, Drusen und Christen – darunter Scheich Hikmat al-Hijri, Mazloum Abdi und Patriarch John al-Yaziji – ihren Dank aussprach.

Deutlicher wurde die Richtung am 17. Juli, als in einem Hotel in Tel Aviv ein geschlossenes Treffen zwischen israelischen Regierungsbeamten, syrischen Alawiten und syrischen Drusen stattfand. Zu den Teilnehmern gehörten sieben seit langem im Exil lebende Alawiten und Drusen, die mit dem Kreis von Scheich Muwafaq Tarif – dem Führer der Drusen in Israel – verbunden sind und sowohl syrische als auch israelische Staatsangehörige sind.

Am 6. August kündigte Eddy Cohen, ein israelischer Journalist und Kommentator für arabische Angelegenheiten, auf seiner arabischsprachigen Facebook-Seite die Vorbereitung einer Allianz zwischen Alawiten und Drusen in den USA an. Es besteht offenbar eine Koordination zwischen einem säkularen Netzwerk syrischer Exilanten und israelischen Vermittlern. Gerüchte sprechen auch von Plänen, Kämpfer in die syrische Küstenregion zu entsenden.

Die rabiat antiisraelische, „antiimperialistische“ Seite „The Cradle“ will von einer „glaubwürdigen regionalen Sicherheitsquelle“ Folgendes mitgeteilt bekommen haben: „Israel versucht, die konfessionellen und ethnischen Spaltungen Syriens auszunutzen, um Minderheiten als politische und militärische Instrumente einzusetzen, die seinem Plan dienen, das Land zu teilen und zwei strategische Korridore zu öffnen: einen östlichen, der Suwayda mit Hasaka verbindet, und einen westlichen, der von der syrischen Küste nach Afrin verläuft, um so einen Einfluss an mehreren Fronten zu sichern und die türkische Achse von innen heraus zu umzingeln.“ (https://thecradle.co/articles/exclusive-the-us-israeli-plot-to-partition-syrias-west)

The Cradle ist empört über die „gezielte Zerstörung der territorialen Einheit Syriens“. Es handle sich dabei um „keine ferne oder hypothetische Bedrohung, sondern eine aktive Kampagne“, die die Landkarte neu gestalte. Wenn man von Großmächte gezogene künstliche Grenzen nicht als heilig betrachtet, die Wünsche der Bevölkerung in dem jeweiligen Gebiet wichtiger findet und nicht den islamischen Extremisten die Mauer macht, kann man die Initiativen zur Neuordnung von Syrien und dem Libanon ganz anders bewerten. Die bisherigen und aktuell bedrohten Minderheiten der Drusen, Christen, Kurden und Alawiten werden das gewiss tun. Israel kann Verbündete gewinnen und damit die Abwehrfront gegen den Dschihadismus verbreitern. Davon würden in der gesamten Region und bis nach Europa alle profitieren, die nicht irgendwann in einer islamistischen Diktatur aufwachen wollen.

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