An anderer Stelle habe ich herausgearbeitet, dass Israel gegenüber den „Palästinensern“ kaum mehr naive Kompromisse machen wird: https://diefreiheit.info/israelische-neuordnung-in-gaza-judaea-und-samaria/ Und ich habe gezeigt, dass der jüdische Staat auch daran gehen könnte, Grenzen im Umfeld neu zu ziehen und neue Bündnispartner zu ermächtigen: https://diefreiheit.info/israelische-neuordnung-in-syrien-und-libanon/ So könnte neue staatliche Strukturen der Drusen, der orientalischen Christen und anderer geschaffen werden, die stabile Verbündete Israels und Bollwerke gegen die arabisch-islamische Herrschaftsideologie darstellen können.
Wie weit vor allem Zweiteres gelingen wird, hängt stark davon, ob es Israel schafft, relevante regionale Partner für stabile Bündnisse gegen den Dschihadismus zu gewinnen, und wie sich seine Beziehungen zu den Großmächten entwickeln.
Syrien und die Türkei
In Syrien unterstützt Israel jetzt schon mehr oder weniger die Drusen gegen das dschihadistische Regime. Eine Vertiefung sowie eine Ausweitung auf Alawiten, Kurden und Christen sind logisch und dürften bevorstehen. Diese Minderheiten werden froh sein, gegen die Auslöschung durch die Islamisten Hilfe zu bekommen.
Die westliche „antiimperialistische“ Linke und die Globalisten der EU, die die Al-Kaida-Nachfolger in Damaskus hofieren, klammern sich an die „territoriale Integrität“ Syriens. Das ist nicht nur lachhaft, sondern steht auch in Widerspruch zum (von globalistischen Figuren dominierten) Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Denn dieser hatte zu Kosovo beschieden, dass das Selbstbestimmungsrecht der dortigen Albaner schwerer wiegt als die territoriale Integrität Serbiens. Diese Logik muss dann aber auch für die Russischsprachigen im Osten und Süden der Ukraine gelten – oder eben für die Minderheiten in Syrien, die eine Lostrennung vom mörderischen Islamistenregime in Damaskus wollen.
Die Grenzen des syrischen Staates wurde von den Kolonialmächten Frankreich und Großbritannien im Sykes-Picot-Abkommen 1916 und im Vertrag von Svres 1920 willkürlich festgelegt, ohne die verschiedenen Völker zu fragen. Wenn Israel nun eine Zerschlagung des syrischen Staates betreibt, wird es sicherlich die Unterstützung der dortigen Minderheiten haben, für die sich die Situation nur verbessern kann.
Massiver Widerstand hingegen wird von der Türkei kommen. Die islamistische Regierung in Ankara verfolgt eine Art neo-osmanische Expansionspolitik. Türkische Truppen haben während des syrischen Bürgerkriegs die Al-Nusra-Front, die aus Al-Kaida hervorgegangen ist, in Nordwestsyrien gegen das säkular-diktatorische Assad-Regime am Leben erhalten. Als Assad – aufgrund der Kämpfe zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon – die Hilfe der hochmotivierten Hisbollah-Milizen verloren hat, haben die Türkei und ihre Verbündeten in Syrien die Lage genutzt, um Assad und sein Regime zu stürzen.
Das aktuelle dschihadistische Regime in Damaskus ist eine Art Protektorat der Türkei, völlig abhängig von Ankara. Der neue syrische Präsident, Al-Golani, ist ein ehemaliger Al-Kaida-Kämpfer und international gesuchter Terrorist. Er und seine Kumpanen sowie die Türkei beherrschen allerdings nicht das gesamte Land, sondern nur etwa 60-70 Prozent. Den Nordosten kontrollieren kurdische Milizen, im Osten gibt es US-Stützpunkte, im Süden sind Gebieten unter den Kontrolle von Drusen und Israel. Auf das alawitische Küstengebiet ist der Zugriff der türkischen Proxys bisher schwach, außerdem bestehen dort weiterhin russische Stützpunkte.
Ob den Minderheiten in Syrien mit israelischer Unterstützung eine Befreiung vom Joch der sunnitischen Dschihadisten geling, wird dennoch stark von der Türkei abhängen. Kann die Regierung in Ankara für einen Deal (bei Verzicht auf Gebiete etwa Zusicherung der Kontrolle über den Rest, eventuell mit Bevölkerungsaustausch mit dem Libanon) gewonnen oder dazu gezwungen werden? Dafür werden Bündniskonstellationen wichtig sein.
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Die Türkei hat sich in den letzten Jahren außenpolitisch geschickt aufgestellt. Aserbeidschan ist ohnehin traditionell ein Verbündeter (gegen Armenien). Albanien ist nahezu ein türkisches Protektorat. In Nordmazedonien, in dem die muslimische Bevölkerung immer mehr anwächst, sowie im fragmentierten Libyen hat die Türkei zuletzt einigen Einfluss gewonnen. Selbst mit Ägypten konnte man die Beziehungen, trotz der engen Verbundenheit von Erdogan und seiner AKP mit den Muslimbrüdern und Katar, zuletzt einigermaßen normalisieren. Die Türkei ist NATO-Mitglied, ist dennoch in Kontakt mit Russland und konnte sich sogar im Ukraine-Konflikt aus Vermittler aufspielen.
Kaukasus und Russland
Demgegenüber wird es für Israel wichtig sein zu realisieren, dass die Türkei in Kombination mit Katar und den Muslimbrüdern perspektivisch ein Hauptfeind sein wird. Demgegenüber gilt es für den jüdischen Staat, eigene Bündnispartner zu gewinnen, zu stabilisieren und zu stärken. Das sind in Syrien eben die Drusen und zukünftig die Kurden und Alawiten. Das kann darüber hinaus Armenien sein, das (nach dem ohne internationale Aufregung vollständigen Völkermord an den Armeniern von Berg-Karabach 2023) ohnehin unter türkisch-aserbeidschanischer Bedrohung steht.
Auch Georgien könnte als christlicher Staat an der Grenze zur Türkei und zu Aserbeidschan ein möglicher Bündnispartner sein. Ob hier für Israel eine Perspektive besteht, wird auch und insbesondere von seinen weiteren Beziehungen mit Russland abhängen. Der israelische Premier Netanyahu hatte traditionell ein gutes und fast freundschaftliches Verhältnis zum russischen Präsidenten Putin. Mit dem Krieg um die Ukraine haben sich die Beziehungen allerdings verschlechtert. Obwohl die Israelis die Regierung in Kiew, deklarierte Fans des antisemitischen Rechtsextremisten Stephan Bandera, nicht mag, hat sie die Ukraine dennoch halbherzig unterstützt – aufgrund des Drucks der Biden-Regierung in Washington und der Abhängigkeit Israels von den USA. In der Folge hat Russland seine bisher israelfreundliche Haltung aufgegeben und den Iran nicht daran gehindert, seine Proxys Hamas, Hisbollah und Huthis von der Leine zu lassen.
Angesichts der neuen Regierung in den USA, die an einer Schlichtung in der Ukraine und verbesserten Beziehungen zu Russland interessiert ist, ist auch eine Reparatur des israelisch-russischen Verhältnisses möglich. Etwa 15 Prozent der Israelis kommen aus Russland und sprechen oft auch noch Russisch. Sie sind eine wichtige Basis der Netanyahu-Regierung und haben oft noch einen positiven Bezug zu Russland. Und Putin mag die Islamisten ohnehin nicht; er hat genug negative Erfahrungen in Tschetschenien und Zentralasien, die Al-Kaida-Dschihadisten in Syrien waren jahrelang die Feinde der dortigen russischen Militärs. Auch das russische Verhältnis zur Türkei ist ambivalent.
In Folge der Offensive der Biden-USA, der EU und ihrer Satelliten über die Ukraine und die Sanktionen war Russland gezwungen, sich andere Verbündete zu suchen oder zumindest die Neutralität anderer Staaten zu sichern. Das hat Russland in Koalitionen mit islamischen Kräften gebracht, die sicherlich nicht erste Wahl waren. Angesichts des antirussischen Verhaltens der USA und auch Israels in den vergangenen Jahren sind hier sicherlich längere vertrauensbildende Maßnahmen nötig, um Russland zu einem Kurswechsel zu bringen. Aber das ist für Israel unumgänglich, will man gegen den Hauptfeind Türkei, der von dem finanzstarken Katar und der weltweiten Netzwerk der Muslimbrüder gestützt wird, eine Chance haben.
Historisch gesehen sind die russisch-türkischen Beziehungen ohnehin oft nicht die besten gewesen. Das osmanische Reich hat die orthodoxen Christen Kleinasiens und des Balkan jahrhundertelang unterdrückt, tatarische Banden haben in osmanischem Auftrag jahrhundertelang Südrussland überfallen und hunderttausende Menschen, vor allem junge Mädchen, in die Sklaverei ins osmanische Reich verschleppt. Erst die russische Annexion der Krim 1783 beendete diesen Sklavenhandel.
Der Krimkrieg 1853-56 war der erste industrielle Krieg der Geschichte und kostete über 400.000 Russen das Leben. Das osmanische Reich wurde dabei von Großbritannien und Frankreich gegen Russland unterstützt. In den folgenden Jahrzehnten bis zum ersten Weltkrieg war es ein vorrangiges Ziel russischer Außenpolitik, das osmanische Reich zu schwächen und freie Fahrt durch die Meerengen Bosporus und Dardanellen zu erkämpfen.
Griechenland und Zypern
Im Ersten Weltkrieg kämpfte das Osmanische Reich auf der Seite der Mittelmächte und seine Armee wurde von deutschen Offizieren angeleitet. Im Laufe des Krieges verübte das türkisch-islamische Regime eine Reihe von Völkermorden an orthodoxen Christen: 1915/16 wurden bis zu 1,5 Millionen Armenier umgebracht, 1915-17 etwa 250.000 syrische Christen und 1915-23 etwa kleinasiatische 500.000 Griechen, die seit der Antike (also lange vor den Türken) dort siedelten. 1,2 Millionen Griechen wurden nach Griechenland vertrieben. (1923 lebten in der Türkei 8-9 Millionen Türken.)
Um der trockenen Statistik etwas Leben zu geben: Vor gut 15 Jahren habe ich in Süddeutschland einen Marxisten aus der Türkei kennengelernt. Er hat mir erzählt, dass seine Oma, wenn sie sich allein glaubte, oft Lieder in einer Sprache sang, die er nicht verstand. Er hat sie irgendwann danach befragt und sie hat ihm mit der Zeit immer mehr von ihrer Geschichte erzählt. Sie wurde in einer griechischen Familie in Kleinasien geboren. Als sie sieben Jahre alt war, musste sie mitansehen, wie türkische Freischärler ihre Eltern, ihre zwei Brüder und ihre dreizehnjährige Schwester, die sich gegen ihre Vergewaltigung durch mehrere Männer wild gewehrt hatte, ermordeten. Sie selbst wurde dann vom Anführer der Mörderbande zur Drittfrau genommen. Er wartete – nach dem Vorbild Mohammeds – mit dem „Vollzug der Ehe“, bis sie neun Jahre alt war. In der Folge gebar sie ihren 40 Jahre älteren „Ehemann“ drei Kinder, darunter den Vater meines Bekannten. Nach dem Tod des Gatten übernahmen ihre Stiefsöhne, die älter waren als sie, die Kontrolle über ihr Leben. Die griechischen Lieder ihrer Kindheit sang sie in einer Mischung aus Wehmut und Trotz.
1955 kam es in Istanbul dann erneut zu einem Pogrom an den in der Stadt verbliebenen Griechen. Ein Mob von über 200.000 türkischen Nationalisten und Islamisten marodierten durch die Viertel der „Ungläubigen“. Die Folgen waren 400 Vergwaltigungen von jüdischen, armenisch und vor allem griechischen Frauen, 15 Morde, zahllose Verstümmelte und Zwangsbeschnittene, Plünderungen, niedergebrannte christliche Schulen und Kirchen, verwüstete Friedhöfe, 3500 Wohnhäuser und 5000 Geschäfte von Griechen, die man zuvor mit der Aufschrift „kein Türke“ markiert hatte. 125.000 Griechen wurden in der Folge aus Istanbul vertrieben. Nach einer neuerlichen antigriechischen Hetzkampagne wurde 1962 die letzten 50.000 Griechen aus Istanbul, einer Stadt, die lange vor der türkischen Landnahme im Spätmittelalter griechisch gewesen war, deportiert. 1974 ging die türkische Aggression mit der Besetzung Nordzyperns weiter, für 18 Prozent der zypriotischen Bevölkerung, die türkisch waren, wurden 40 Prozent des Territoriums in Anspruch genommen, die 90 Prozent Griechen auf etwa 53 Prozent des Landes zusammengedrängt.
Doch selbst damit ist der expansive türkische Nationalismus nicht zufrieden. Die Türkei erhebt seit Jahrzehnten Anspruch auf riesige Seegebiete, was die Ägäis bis an die Ostküste von Krate und Teile des Mittelmeers weit südlich von Zypern zur türkischen „ausschließlichen Wirtschaftszone“ und all die griechischen Inseln in dem Gebiet zu Enklaven machen würde. Türkische Hardliner haben wiederholt ganz offen die Annexion der griechischen Inseln in der Osthälfte der Ägäis verlangt. Immer wieder kam es in den letzten Jahrzehnten um griechische Inseln zu gefährlichen Konfrontationen zwischen der griechischen und türkischen Luftwaffe beziehungsweise Marine. Die Türkei ist dem Seerechtsabkommen der UNO nicht beigetreten. Es gibt Griechenland das Recht, die Hoheitsansprüche auf die international üblichen und völkerrechtlich erlaubten zwölf Seemeilen auszudehnen. Das ist bislang nicht erfolgt, denn die Türkei erklärte diese Ausdehnung auf zwölf Meilen durch Griechenland in der Ägäis offiziell zum Kriegsgrund.
Angesichts dessen, dass die Türkei – in Kombination mit Katar und dem internationalen Netzwerk der Muslimbruderschaft – in den kommenden Jahren der Hauptfeind Israels sein wird, ist es logisch, dass sich eine israelische Geopolitik auf ein Bündnis mit Griechenland und Zypern orientiert. Neben politischer und militärischer Kooperation werden dabei auch gegenseitige Sicherheitsgarantien und Beistandsgarantien wesentlich sein – um dem türkischen Regime klar zu machen, dass es nicht nur mit einem kleinen isolierten Staat zu tun hat, um nicht nur vom Goodwill der USA oder Russlands abhängig zu sein, sondern eigene Verbündete zu haben.
Tatsächlich hat Israel zuletzt die Kooperation mit der Republik Zypern verstärkt. Schon seit den 2010er Jahren haben Israel und Zypern gemeinsame Militärmanöver durchgeführt. Im Dezember 2024 lieferte Israel das Flugabwehrsystem Barak MX an Zypern. Außerdem bezieht Zypern aus Israel Drohnen, Maschinengewehre und andere Militärausrüstung. Die von den USA genutzte Luftwaffenbasis Andreas Papandreou steht auch den israelischen Luftstreitkräften zur Verfügung. Ende August 2025 wurde nun gemeldet, dass die Türkei die Zahl der auf Nordzypern stationierten Soldaten auf mehr als 100.000 verdreifacht.
Im September 2025 wurde dann ein noch leistungsstärkeres Luftabwehrsystem, das hochmoderne Barak-MX, das von den Israel Aerospace Industries (IAI) hergestellt wird, an einen Stützpunkt in Paphos geliefert. Dabei handelt es sich nicht nur um ein Verteidigungsschild, sondern Barak-MX verfügt über ein hochentwickeltes ELM-2084-Multimissionsradar mit einer Reichweite von bis zu 460 Kilometern und sorgt für einen „digitalen Schutzschirm” bis weit in den Luftraum der Türkei. Damit können in Echtzeit türkische Militärflugzeuge an der Südküste der Türkei und türkische Kriegsschiffe im östlichen Mittelmeer überwacht werden. Die entsprechenden Daten werden wohl auch dem israelischen Militär zur Verfügung stehen.
In Griechenland und Zypern sind die linken Kräfte wesentliche Hindernisse für ein stabiles Bündnis mit Israel. Wie in Westeuropa sind sie rabiat antiisraelisch, was sich aus drei Dingen speist: erstens aus dem traditionellen „Antizionismus“ der Stalinisten aus der Zeit des Kalten Krieges, zweitens aus der „antikolonialistischen“ proarabischen Rhetorik der frühen PASOK unter Andraes Papandreou und drittens aus dem auch an die griechischen Unis herrschenden „Postkolonialismus“. Diese proislamische Ausrichtung ist in Griechenland besonders verrückt – angesichts der Erfahrungen des Landes mit dem Islam, der jahrhundertelangen Überfälle und des Mädchenraubes durch nordafrikanische islamische Piraten (den Sarazenen), der jahrhundertelangen osmanischen Unterdrückung, des türkischen Völkermordes, der Vertreibung der griechischen Minderheit aus Ägypten unter Gamal Nasser. Aber auch in Griechenland verstellt ideologischer Fanatismus den Blick auf die Wirklichkeit.
Für ein Bündnis mit Griechenland sprechen die geografischen, historischen und politischen Realitäten der Region, die der riesigen Mehrheit der „normalen“ griechischen Bevölkerung sehr bewusst sind. In ländlichen Regionen des Landes kommt es schon mal vor, dass eine kleine Teufelsgestalt, die mit dem Osterfeuer verbrannt wird, in die türkische Fahne gehüllt ist.
In Teil 2 wird es um die Lage der Türkei zwischen den Großmächten und die Konsequenzen daraus für Israel gehen. Außerdem wird das Verhältnis des jüdischen Staates zu Indien, Pakistan und dem Iran analysiert. Und schließlich bespreche ich die Beziehungen und Perspektiven Israels gegenüber den Golfmonarchien und Ägypten.
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