Angesichts der ideologischen Kumpanei und politischen Kollaboration mit den Nazis sowie der Begeisterung für Hitler und die deutsche Judenvernichtungspolitik war die Zerschlagung des NS-Regimes und das damit besiegelte Ende des Zweiten Weltkriegs auch eine weitere frustrierende Niederlage für die islamische Welt.
Schon kurz darauf erfolgte mit dem UN-Teilungsplan am 29. November 1947 der zweite Schlag: Das Mandat über Palästina sollte spätestens am 1. August 1948 enden und unabhängige arabische und jüdische Staaten errichtet sowie eine internationale Verwaltung der Stadt Jerusalem eingesetzt werden.
Bereits in der Nacht nach der offiziellen israelischen Unabhängigkeitserklärung durch David Ben Gurion am 14. Mai 1948 erklärten Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien, Libanon, Irak und Syrien dem soeben gegründeten israelischen Staat den Krieg. Allerdings gelang es dem jungen Staat, die feindlichen Armeen erfolgreich zurückzuschlagen und nach 15 Monate anhaltenden Kämpfen das israelische Staatsgebiet um 50 Prozent (einschließlich Westjerusalems) zu erweitern.
Während dieser Sieg im „Unabhängigkeitskrieg“ aus israelischer Sicht die erhoffte Wiedergeburt eines jüdischen Staates bedeutete, blieb die erlittene Niederlage auf Seiten der arabischen Muslime als Nakba (Katastrophe) im kollektiven Gedächtnis gespeichert. Die dreistufige Erfahrung aus a) der kräftepolitisch erzwungenen Hinnahme der Errichtung eines jüdischen Staates auf von Muslimen beanspruchten Territorium, b) der Nakba sowie c) der späteren Niederlage im Sechstagekrieg (1967) bewirkte für die islamische Gemeinschaft die schmerzliche und für deren Herrschaftsanspruch traumatisierende Erfahrung, dass entgegen der von Allah bestimmten Daseinsordnung aus jüdischen Dhimmis militärisch und politisch überlegene Widersacher gewordenen waren.
Die islamspezifische Judenfeindschaft wurde damit nicht nur religiös-ideologisch[1], sondern auch sozialpsychologisch „getriggert“ und lässt sich näher bestimmen als aggressiver Ausdruck eines blockierten Herrschafts- und Dominanzanspruchs bzw. die sozialpsychologisch-ideologische Präsenz eines sich dominiert fühlenden Subjekts, das selbst Herrscher sein will und lange Zeit Herrscher war.
Zwecks psychischer und ideologischer Restabilisierung dieses traumatisierten Subjekts kam es zur selbstentlastenden Herausbildung eines ausgeprägten Verschwörungsnarrativs, wonach der Westen und insbesondere die Juden in der Rolle von Sündenböcken für die Krisen und Nöte der Muslime verantwortlich sind.
Vor diesem Hintergrund wurde die Judenfeindschaft zu einer wesentlichen sozialisationswirksamen Identitätserzählung des Gegenwartsislam. „Die Erziehung in den Moscheen, in den Schulen und in den Hochschulen“, so der aus Algerien stammende Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi , „ist bis heute darauf bedacht, dass die Kinder beziehungsweise alle Menschen im Hass gegen die Juden und gegen Israel erzogen werden. Diese Erziehung lässt gar keinen Raum, um anders zu denken. Ich selber war geistig wie gelähmt. Für Kritik an solchen Überzeugungen gab es keine Möglichkeit, denn jeder, der dies versuchte, würde als Feind des Islam und der Muslime verurteilt. Aus Angst vor Sanktionen tat dies niemand in der Öffentlichkeit. Ohne Fragen glaubte ich, dass die Juden die volle Verantwortung für das Leiden der Musliminnen und der Muslime in der ganzen Welt tragen.“[2]
HAMAS
In der ursprünglichen, im August 1988 erstmals veröffentlichten Charta der im Gaza-Streifen herrschenden Hamas, die den palästinensischen Zweig der Muslimbruderschaft verkörpert und zugleich bis zur israelischen Reaktion auf das grauenhafte Massaker vom 7. Oktober als unangefochtene politische Organisation, Wohltätigkeitsorganisation und Terrororganisation fungierte, findet sich die Synthese aus islamisch-dogmatischem Herrschaftsanspruch, traditionell-islamischer Judenfeindschaft und adaptiertem europäischen Antisemitismus (Protokolle der Weisen von Zion). Genauer betrachtet sieht man hier sehr klar, dass der moderne rassistisch-verschwörungsideologische „Antisemitismus“ der grundlegenden klassischen islamisch-dogmatischen Judenfeindschaft nur „aufgepfropft“ wurde.
Einleitend heißt es bereits in aller Deutlichkeit: „‘Israel wird entstehen und solange bestehen bleiben, bis der Islam es abschafft, so wie er das, was vor ihm war, abgeschafft hat.‘“ Der Imam und Märtyrer Hassan al-Banna, Gott hab ihn selig.“[3]
Artikel 1: Das Programm der Islamischen Widerstandsbewegung ist der Islam. Aus ihm leitet sie ihre Ideen, Konzepte und Vorstellungen vom Universum, dem Leben und den Menschen ab, von ihm lässt sie sich in all ihren Unternehmungen auf dem rechten Weg leiten.
Artikel 2: Die Islamische Widerstandsbewegung ist ein Zweig der Muslimbruderschaft in Palästina. Die Muslimbruderschaft wiederum ist eine weltweite Organisation, die größte islamische Bewegung der Moderne. Sie zeichnet sich durch tiefgreifendes Verständnis, präzise Vorstellungen und Umfassendheit all ihrer islamischen Konzepte in den verschiedensten Lebensbereichen aus: in Weltbild und Glauben, in Politik und Wirtschaft, in Erziehung und Gesellschaft, in Justiz und Regierung, in der Verkündung des Islams und in der Bildung, in Kunst und Medien, im Sichtbaren und Unsichtbaren und in allen anderen Lebensbereichen.
Artikel 6: Die Islamische Widerstandbewegung ist eine spezifisch palästinensische Bewegung, treu Gott ergeben. Der Islam dient ihr als Lebensentwurf. Sie strebt danach, das Banner Gottes über ganz Palästina, jeder Handbreit davon, aufzupflanzen. (…)
Artikel 7: (…) Die islamische Widerstandsbewegung ist ein Glied in der Kette des Dschihad gegen die zionistische Invasion. Sie knüpft unmittelbar an die von Izz ad-Din al-Qassam[4] und seinen Mitstreitern im Dschihad unter den Muslimbrüdern 1936 gemachten Anfänge an. Weiterhin knüpft sie auch an den Dschihad der Palästinenser und Muslimbrüder im Krieg von 1948 und die Widerstandsaktivitäten der Muslimbrüder im Dschihad seit 1968 an. Liegen diese Glieder auch sehr fern und haben auch die Hindernisse, die die Helfershelfer des Zionismus den Dschihad-Kämpfern in den Weg gestellt haben, dazu geführt, dass der Dschihad nicht kontinuierlich fortgeführt werden konnte, so strebt die Islamische Widerstandsbewegung doch danach, Gottes Versprechen wahrzumachen, ganz gleich, wie lange dies dauern mag. Der Prophet – Gott segne ihn und schenke ihm Heil-, sprach: „Die Stunde wird kommen, da die Muslime gegen die Juden solange kämpfen und sie töten, bis sich die Juden hinter Steinen und Bäumen verstecken. Doch die Bäume und Steine werden sprechen: „Oh Muslim, oh Diener Allahs, hier ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt. Komm und töte ihn!“ Nur der Gharkad-Baum[5] wird dies nicht tun, denn er ist ein Baum der Juden.“ (nach den Hadith-Sammlungen des al-Buchari und Muslim)
Artikel 11: Die Islamische Widerstandsbewegung glaubt, dass Palästina allen Generationen der Muslime bis zum Tag des Jüngsten Gerichts als islamisches Waqf-Land vermacht ist. Palästina darf weder als Ganzes noch in Teilen aufgegeben werden. Es gehört weder einem arabischen Staat noch allen arabischen Staaten, weder einem König oder Präsidenten noch allen Königen und Präsidenten, weder einer Organisation noch allen Organisationen, ganz gleich, ob es sich dabei um eine palästinensische oder arabische Organisation handelt, denn Palästina ist den Generationen der Muslime bis zum Tag des Jüngsten Gerichts gegeben. (…)
Artikel 15: Sobald die Feinde muslimisches Land usurpieren, wird der Dschihad zur individuellen Pflicht eines jeden Muslims. Gegenüber der Usurpierung Palästinas durch die Juden muß zwingend das Banner des Dschihad erhoben werden. Hierzu muß unter den Massen auf lokaler, arabischer und islamischer Ebene islamisches Bewußtsein geweckt und verbreitet werden. Der Geist des Dschihad muß in der Gemeinschaft der Muslime, der Umma, propagiert und der Kampf gegen die Feinde in den Reihen der Dschihad-Kämpfer aufgenommen werden. (…) In den Köpfen der kommenden muslimischen Generationen muß unbedingt die Vorstellung verankert werden, dass es sich bei der Palästina-Frage um eine religiöse Frage handelt, die dementsprechend angegangen werden muß, denn es geht dabei auch um islamische heilige Stätten wie die Al-Aqsa-Moschee, die, solange Himmel und Erde bestehen, durch die nächtliche Himmelsreise und die Himmelfahrt des Propheten Muhammad, Gott segne und schenke ihm Heil, untrennbar mit der Heiligen Moschee von Mekka verbunden ist.
Auf dieser gegenüber den Juden und Israel absolut unversöhnlichen orthodox-islamischen Grundlage wird dann antisemitisch-verschwörungsideologisches Gedankengut assimiliert:
Artikel 22: Die Feinde (…) haben gewaltige materielle Reichtümer angehäuft, die ihnen Einfluß verschafften und die sie verwandten, um ihren Traum zu verwirklichen. Mit ihrem Vermögen brachten sie weltweit die Medien unter ihre Kontrolle, von Nachrichtenagenturen über die Presse und Verlage bis hin zu Rundfunkanstalten und anderem mehr. Mit ihrem Vermögen zettelten sie in verschiedensten Teilen der Welt Revolutionen an, um ihre Interessen durchzusetzen und Gewinn zu erzielen. Sie stecken ebenso hinter der Französischen Revolution wie hinter der Kommunistischen Revolution und den allermeisten Revolutionen, von denen man aus den verschiedensten Teilen der Welt immer wieder hört. Mit ihren Vermögen errichteten sie geheime Organisationen, die sich in die verschiedenste Teile der Welt ausgebreitet haben, um Gesellschaften zu unterhöhlen und die Interessen des Zionismus durchzusetzen, Organisationen wie die Freimaurer, die Rotary-Clubs, die Lions-Clubs, die Organisation Bnei Brith[6] und andere, allesamt subversive Spionageorganisationen. Mit ihrem Vermögen brachten sie auch die Kolonialstaaten unter ihre Kontrolle und stifteten diese zur Kolonialisierung zahlreicher Länder an, um deren Ressourcen auszupressen und dort ihre Verderbtheit zu verbreiten. (…)
Artikel 32: (…) Der Zionismus macht nirgends Halt: Nach Palästina strebt er eine Expansion vom Nil bis zum Euphrat an, und wenn er sich diese Region einverleibt hat, folgt weitere Expansion und so fort. Die Pläne der Zionisten sind in den „Protokollen der Weisen von Zion“[7] nachzulesen und ihre derzeitigen Taten belegen bestens, was wir hier sagen.
Im Frühjahr 2017 sah sich die Hamas aus taktischen Gründen veranlasst, eine neue Charta vorzustellen, die zwar in manchen Passagen scheinbar gemäßigter ausfiel, aber weder die Charta von 1988 ablöst noch die seitherige Gewaltagenda der Hamas gegen Israel außer Kraft setzte, wie zuletzt das bestialische Massaker vom 7. Oktober 2023 mit 1.182 Todesopfern zeigte. Auch in diesem symbolpolitischen Dokument wird Palästina als ein Land bezeichnet, das „von einem rassistischen, menschenfeindlichen und kolonialen Zionistisches Projekt“ beschlagnahmt worden sei, auf einem falschen Versprechen(der Balfour-Deklaration) sowie auf der „Anerkennung einer usurpierenden Entität“ (Israel) beruhe und durch das gewaltsame Aufzwingen vollendeter Tatsachen zustande gekommen sei[8].
Die grundsätzliche Haltung der Hamas manifestiert sich exemplarisch in den Ausführungen des Hamas-Abgeordneten und Mitglieds des Kuratoriums der Internationalen Union der muslimischen Gelehrten, Marwan Abu Ras. Dieser erklärte in einem Interview auf Al-Aqsa TV (Hamas-Gaza) am 5. Juni 2021, dass es nach der Scharia eine religiöse Pflicht für die islamische Nation sei, den Palästinensern zu helfen, ihren Feind zu massakrieren. „Ja, es muss Opfer geben und Blut muss fließen. Zur Zeit der Kreuzfahrerkriege reichte das Blut in den Höfen der Al-Aqsa-Moschee bis zu den Hälsen der Pferde. Wir wissen sehr wohl, dass dies keine triviale Angelegenheit ist. Und wenn es für uns keine triviale Angelegenheit ist, dann wird es auch für sie [die Feinde] keine sein. Deshalb werden sie tausendmal nachdenken, bevor sie sich auf eine große Konfrontation einlassen. Also, mein lieber Bruder, diesen Feind zu massakrieren ist ein göttlicher Befehl. [Der Koran sagt:] ‚So schlagt ihnen auf den Nacken und schlagt ihnen jede Fingerspitze ab.‘ Diesem Feind auf den Nacken zu schlagen, ist eine Pflicht gemäß der Scharia. Jeder, der diesen Feind massakrieren kann, sollte diese Pflicht nicht schleifen lassen, denn dieser Feind ist der Feind der islamischen Nation [in ihrer Gesamtheit]. (…) Deshalb muss die islamische Nation uns helfen und uns stark machen, damit wir siegreich sein und [das Land] befreien können, das der islamischen Nation gehört und nicht uns allein. Palästina gehört nicht den Palästinensern allein. Vielmehr ist Palästina islamisches Waqf-Land. Die gesamte islamische Nation wird am Tag des Jüngsten Gerichts über diese Frage Rechenschaft ablegen müssen.“[9]
Laut einem Bericht des Middle East Media Research Institute (MEMRI) begrüßte und rechtfertigte der Hamas-Abgeordnete Mushir Al-Masri am 7. Mai 2022 auf einer Kundgebung zur Unterstützung des Hamas-Führers Yahya Sinwar, die von Al-Aqsa TV in Gaza ausgestrahlt wurde, die Serie von mehreren Terroranschlägen in Israel im Frühjahr 2022. Dabei wurden u. a. drei Israelis mit einer Axt und Messern ermordet. Sinwar hatte zuvor Palästinenser dazu ermutigt, Angriffe auf Israelis mit Gewehren, Hackbeilen und Äxten zu verüben. Wörtlich wird Al-Masri folgendermaßen zitiert:
„Unser Slogan lautet: ‚Sieg oder Märtyrertod!‘ Wir lieben den Märtyrertod um Allahs willen. Wir treten in die Fußstapfen unserer Führer, die bereitwillig ihre Seelen als Märtyrer opferten. Wir kümmern uns nicht um all die Drohungen. Es kümmert uns nicht, dass (Israel) ein Atomstaat ist. Wir stehen mit der göttlichen Wahrheit und mit einem Glauben, der hart wie Stahl ist, diesem Feind gegenüber, bis er aus unserem ganzen Land verschwunden ist, so Allah will. (…)
Jerusalem ist eine rote Linie. (Wir grüßen) diejenigen, die die Zionisten in Tel Aviv, Hadera und Elad niedergeschlagen haben. (Wir grüßen) diejenigen, die die Hackebeile, Äxte und Gewehre in die Hand nahmen. Die Helden zertrümmerten ihre Köpfe mit Äxten, als wären sie Dornen, die man ausreißen muss.
Und in der Tat, oh Zionisten, ihr seid Dornen und wir werden euch, so Allah will, mit Äxten, Hackbeilen, Messern, Gewehren und unseren Nägeln entwurzeln, so Allah will. Wir werden keinen einzigen von euch zurücklassen, und das ist für Allah nicht schwer zu tun.“[10]
Der 7. Oktober 2023 war im Grunde die exakte Konsequenz dieser nicht einfach weg zu verhandelnden islamischen Antriebsgrundlage.
Iran
Als ein weiterer herausragender Akteur der hasserfüllten islamischen Judenfeindlichkeit in der Gegenwart fungiert die „Islamische Republik Iran“ unter der totalitären Vorherrschaft des schiitischen Klerus[11]. Bereits im Vorwort seines Hauptwerks „Der islamische Staat“[12], in dem Ayatollah Chomeini den umfassenden weltlichen Herrschafts- und Normierungsanspruch des Islam darlegt[13] und daraus a) die Notwendigkeit der Schaffung eines islamischen Staates als Instrument zur Durchsetzung der göttlichen Gesetzesowie b) die Führung dieses Staates durch die islamischen Rechtsgelehrten ableitet, heißt es:
„Die Juden waren es, die als erste mit der antiislamischen Propaganda und mit geistigen Verschwörungen begannen. Und das dauert (…) bis in die Gegenwart an“ (Chomeini 1983, S. 15). Als damit markierter Teil der unterschiedlichen Existenzformen der Ungläubigen, die in ihrer Gesamtheit der absoluten Weltherrschaft des Islam widerstreben, sind die Juden fest eingefügt in Chomeinis „Unreinheitslehre“: „Elf Dinge sind unrein: Urin, Kot, Samen, Hunde, Schweine, Leichenteile, ein Nicht-Moslem oder eine Nicht-Moslemin, Wein, Bier und der Atem eines Kamels, das unreine Dinge gefressen hat. Der ganze Körper eines Nichtmoslems ist unrein, auch sein Haar, seine Nägel und alle Ausscheidungen seines Körpers. Ein Kind vor der Reife ist unrein, wenn seine Eltern und Großeltern keine Moslems sind“ (zit. n. Gopal 2006, S. 338). Die geistige Verwandtschaft und unmittelbare Anschlussfähigkeit dieser islamischen „Unreinheitslehre“ an die europäisch-rassistischen Diskurse der Judenfeindlichkeit mit ihrem Topos vom unverbesserlichen unreinen „Blutjuden“ als vielfältig in Erscheinung tretender „Erzverderber“ ist offensichtlich. Getragen und durchdrungen von einem solchen Glauben artikuliert Chomeini folgendes Feindbild:
„Unter den gegenwärtigen Bedingungen, da die Kolonialisten, die grausamen und verräterischen Herrscher sowie die Juden, Nazarener und Materialisten die Wahrheiten des Islams entstellen und die Menschen irreführen, hat unsere Verantwortung auf dem Gebiet der Propaganda und Bildung besonderes Gewicht. Wir sehen heute, daß die Juden – Gott möge sie erniedrigen – den Koran gefälscht haben. In den besetzten Gebieten wurde der Koran in veränderter Fassung herausgegeben. Wir sind verpflichtet, diese verräterischen Manipulationen zu verhindern. Wir müssen unsere Stimme erheben; wir müssen die Menschen darauf aufmerksam machen, daß die Juden und ihre ausländischen Helfershelfer sich grundsätzlich gegen den Islam stellen. Sie wollen einen jüdischen Weltstaat schaffen; und da sie Betrüger sind und entschlossen vorgehen, fürchte ich, daß sie – Gott bewahre! – , eines Tages ihr Ziel erreichen. Ich fürchte, daß uns infolge unserer Schwäche eines Tages ein jüdischer Herrscher regiert. Gott bewahre uns davor!“ (Chomeini 1983, S.146).
Nach der Etablierung der schiitisch-islamischen Gottesdiktatur im Iran (1979) wurde dieses Programm in konkretes Regierungshandeln umgesetzt und manifestierte sich u. a. in Folgendem:
1) Auf Geheiß des „Revolutionsführers“ Chomeini wurde am 7. August 1979 der sog. Jerusalemtag (Al-Quds-Tag) ausgerufen und fortan für den letzten Freitag im Fastenmonat Ramadan anberaumt. Im Zentrum dieser alljährlichen Massenkundgebungen im Iran, aber auch kleineren Kundgebungen in westlichen Ländern (USA, Kanada, in Großbritannien, Deutschland, Österreich) steht letztlich die Verneinung des Existenzrechts Israels als wesentliche Ausdrucksform islamischer eliminatorischer Judenfeindlichkeit in der Gegenwart.
2) Der Iran fungiert als ein staatliches Zentrum der Holocaustleugnung und führte zu diesem Zweck 2006 eigens eine Konferenz mit Rechtsextremisten aus westlichen Ländern durch. Der damalige iranische Präsident Ahmadinedschad bekräftigte gegenüber den Konferenzteilnehmern folgenden Standpunkt. „Genauso wie die Sowjetunion vernichtet wurde und heute nicht mehr existiert, wird das zionistische Regime bald vernichtet werden. (…) Das ist das, was Gott versprochen hat und was alle Völker wollen (…) Mit Gottes Segen läuft der Countdown für den Zerfall Israels, und dies ist der Wunsch aller Nationen der Welt.“[14]
3) Der Iran ist eine wesentliche Unterstützungsmacht radikalislamisch-militanter Gruppen und Akteure, die wie die Hisbollah, die Hamas und die Huthis[15] gegen Israel und für die Durchsetzung islamisch-totalitärer Herrschaftsverhältnisse kämpfen. Nach dem Abschuss einer iranischen Kampfdrohne über Israel im Mai 2021 präsentierte am Tag darauf „das iranische Fernsehen eine neue Kampfdrohne, die mit 13 Bomben bestückt 2000 Kilometer weit reicht. Ihr Name: ‚Gaza‘. ‚Das israelische Krebsgeschwür steht nun kurz vor der Ausrottung und Vernichtung‘, erklärten Irans Revolutionsgarden einen Tag darauf, und der Hamas-Chef dankte öffentlich für die Unterstützung aus Teheran.“[16]
4) Die herausragende Bedrohung der nichtmuslimischen Welt im Allgemeinen sowie Israels im Besonderen besteht in der Gefahr einer atomaren Bewaffnung des Irans mit seiner dem schiitischen Märtyrerglauben verfallen Führungsriege. Schon kurz nach der islamischen Machtübernahme ließ Chomeini in einer Pressemitteilung Folgendes verkünden: „Lasst mich hier erklären, dass wir uns weder vor militärischen Interventionen noch vor einer ökonomischen Isolation fürchten, denn wir sind Schiiten, und als Schiiten heißen wir jede Gelegenheit willkommen, unser Blut zu verschütten. Unsere Nation blickt nach vorne auf der Suche nach einer Gelegenheit zur Selbstaufopferung und zum Martyrium. (…) Ja, wir haben eine Bevölkerung von 35 Millionen, die sich alle nach dem Martyrium sehnen. (…) Wir sind Männer des Krieges und wir sind für den Kampf geboren“ (Zit. n. Trimondi/Trimondi 2006, S. 357f.)
Umso erstaunlicher war es, dass folgende Meldung im Juli 2022 in Deutschland weitgehend unterbelichtet blieb: So verfügt der Iran laut us-amerikanischen Medien nach Aussage des ehemaligen Außenministers Kamal Kharrazi nun über die Fähigkeit, eine Atombombe zu bauen. Ergänzend fügte der hochrangige Berater von Oberayatollah Khamenei, Mohammad-Javad Laridschani hinzu, dass, wenn Teheran eine Atombombe bauen würde, „niemand uns aufhalten könnte … und sie wissen das“. Und Kharrazi präzisierte gegenüber Al Jazeera unmissverständlich, dass Teheran umfangreiche Übungen durchgeführt habe, um tief in Israel zuschlagen zu können, „wenn empfindliche (iranische) Einrichtungen ins Visier genommen werden“. Die israelische Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Der ehemalige Brigadegeneral der israelischen Verteidigungsstreitkräfte und Mitarbeiter am Jerusalem Center for Public Affairs, Jossi Kuperwasser, erklärte: „ ‚Das war immer der Unterschied zwischen uns Israelis und den Amerikanern. Die USA sagten, der Iran dürfe keine Atomwaffen haben. Wir sagten, dass der Iran nicht einmal die Fähigkeit haben sollte, eine Atomwaffe zu produzieren, denn wenn man erst einmal die Fähigkeit dazu hat, könnte man versuchen, sie tatsächlich zu bauen‘. Israel müsse ‚aufwachen‘. „Die Zeit, etwas zu tun, ist jetzt gekommen. Wir werden nicht warten, bis sie 90% angereichertes Uran haben und erst dann handeln. Das wäre völlig unverantwortlich‘, mahnte er.“[17]
Nach jahrelanger intensiver Vorbereitung hat Israel nun mit der Operation „Rising Lion“[18] auf die vom Iran ausgehende Existenzbedrohung reagiert, nachdem die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien Ende Mai mitteilte, dass der Iran – im Windschatten einer gescheiterten Verhandlungskulisse – seine atomaren Bemühungen erheblich intensiviert hat und nunmehr über mehr als 400 Kilogramm hochangereichertes Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent verfügt, d.h. genug Material besitzt, um daraus Atombomben zu bauen. In der Nacht zum 22. Juni 2025 hat sich die USA mit gezielten Militärschlägen gegen die iranischen Atomanlagen in Fordo, Natanz und Isfahan dem israelischen Vorgehen angeschlossen. Ob damit – wie Trump behauptet – diese drei wichtigsten Atomanlagen – „komplett und total vernichtet“ worden sind, sei dahin gestellt. Dennoch ist dieses zwischen Israel und den USA wohl abgestimmte Vorgehen im Gegensatz zu den offenen und verdeckten proislamischen „Bedenkenträgereien“ zu begrüßen. Denn die herausragende Bedrohung der nichtmuslimischen Welt im Allgemeinen sowie Israels im Besonderen besteht in der Gefahr einer atomaren Bewaffnung des Irans mit seiner dem schiitischen Märtyrerglauben verfallen Führungsriege.
Tatsächlich hat sich definitiv Folgendes gezeigt: Nur mit Diplomatie und Verhandlungen lässt sich die gegen Israel und darüber hinaus gerichtete atomare Zerstörungsabsicht der schiitischen Staatsterroristen nicht eindämmen oder auch nur nachhaltig bremsen. (Die Vergangenheit hat diese naive Illusion hinreichend widerlegt.) Deshalb ist das aktuelle Vorgehen Israels als betroffene Nation bzw. Hassobjekt rational und moralisch durchaus legitim und letztlich alternativlos; wenn nicht überfällig. Überhaupt wäre der Besitz von Atomwaffen in den Händen von islamischen Djihad-Fanatikern (die oberndrein um einen „verborgenen Imam“ ein apokalyptisches Szenario halluzinieren) ein menschheitsgeschichtlich derart großes Übel, das aus der diesbezüglichen unaufgeklärten Froschperspektive des überkommenen Völkerrechts nicht adäquat erfasst werden kann.
Literaturangaben:
Al-Azm, Sadik Jalal: Wider den fundamentalistischen Ungeist. In: Lüders 1992, S. 246-260.
Ayatollah Chomeini: Der islamische Staat. Herausgegeben von Klaus Schwarz. Berlin 1983.
Gensicke, Klaus: Der Mufti von Jerusalem und die Nationalsozialisten. Eine politische Biographie Amin el-Husseinis. Darmstadt 2007.
Gopal, Jaya: Gabriels Einflüsterungen. Eine historisch-kritische Bestandsaufnahme des Islam. 2. erweiterte Auflage Freiburg 2006.
Höpp, Gerhard (Hrsg.): Mufti-Papiere. Briefe, Memoranden, Reden und Aufrufe Amin al-Husainis aus dem Exil, 1940-1945. Berlin 2004, 2. Auflage.
Der Koran. Das heilige Buch des Islam. Aus dem Arabischen von Max Hennig. Überarbeitet und herausgegeben von Murad Wilfried Hofmann. Kreuzlingen/München 2003.
Mallmann, Klaus-Michael; Cüppers, Martin: Halbmond und Hakenkreuz. Das Dritte Reich, die Araber und Palästina. Darmstadt 2007. 2., durchgesehene Auflage.
Marz, Ulrike: Kritik des islamischen Antisemitismus. Zur gesellschaftlichen Genese und Semantik des Antisemitismus in der Islamischen Republik Iran. Berlin 2014.
Schirra, Bruno: Iran. Sprengstoff für Europa. Berlin 2006.
Schulze,Reinhard: Geschichte der Islamischen Welt im 20. Jahrhundert, München 2002.
Tibi, Bassam: Die Krise des modernen Islams. Eine vorindustrielle Kultur im wissenschaftlichen Zeitalter. Erweiterte Ausgabe. Frankfurt am Main 1991.
Trimondi, Victor und Victoria: Krieg der Religionen. Politik, Glaube und Terror im Zeichen der Apokalypse. München 2006.
Wahdat-Hagh, Wahied: „Die Islamische Republik Iran“. Die Herrschaft des politischen Islam als eine Spielart des Totalitarismus. Münster 2003.
[1] So war eine der unmittelbar sichtbarsten Folgen des verlorenen Sechstagekrieges, wie Al-Azm (1992, S. 246.) feststellte, „das allzu konvenierende Erwachen von Religiosität auf seiten der arabischen Herrscher. Noch während die arabischen Armeen im Feld standen, wurde mir das enorme Ausmaß dessen, was passiert war, klar: als nämlich jede amtliche arabische Radiostation sich subito islamisierte, indem rund um die Uhr Frömmigkeit und Unterwerfung unter den Willen Allahs gepredigt wurde.“
[2] https://www.nzz.ch/feuilleton/importierter-antisemitismus-wie-ich-zum-judenhasser-wurde-ld.1626714
[3] Dieses und die folgende Zitate sind entnommen aus „Im Wortlaut: Charta der Islamischen Widerstandsbewegung (Hamas)“ kritiknetz.de
[4] Izz ad-Din al-Qassam, 1882-1935. Einflussreicher radikal-islamischer Geistlicher, Gründer einer militanten Untergrundorganisation in Palästina. Starb 1935 bei einem Feuergefecht mit der Polizei der britischen Mandatsmacht.
[5] Vermutlich Lycum Shawii, eine Art Bocksdorn, oder Nitraria retusa. Jedenfalls eine strauchartige Wüstenpflanze.
[6] In Logen organisierte weltweite jüdische Organisation.
[7] Seit Anfang des 20. Jahrhunderts verbreitetes, von unbekannten Autoren erstelltes, antisemitisches Pamphlet, das eine jüdische Weltverschwörung belegen soll. Die komplett fiktionalen Texte sind inzwischen längst als Fälschungen enttarnt, in den arabischen Ländern jedoch weiterhin weit verbreitet und werden gerne als Beweis für das hinterlistige jüdische Streben nach Weltherrschaft’ angeführt. Viele der in der Charta vorgetragenen antisemitischen Thesen sind daran angelehnt.
[8] The Islamic Resistance Movement “Hamas”. A Document of General Principles and Policies PDF
[9] https://www.mena-watch.com/hamas-abgeordneter-es-ist-islamische-pflicht-den-zionistischen-feind-zu-massakrieren/
[10] https://www.memri.org/tv/hamas-mp-mushir-masri-salutes-terrorists-israel-axes-knives-guns-behead-leaders
Al-Masri soll auch schon von den Schweizer Sozialdemokraten und Grünen empfangen worden sein. https://www.audiatur-online.ch/ueber-uns/ Das würde exemplarisch die These von Stefan Zenklusen stützen, das europäische Linke und Liberale den „Islamismus“ und „Antisemitismus“ stützen. Es stellt sich dann allerdings die Frage, ob es sich heutzutage bei Sozialdemokraten, Grünen, postmodernen Kulturrelativisten und Hamas-Unterstützern wirklich um „Linke“ handelt oder um funktional integrierte ideologische Organe des gegenwärtigen globalkapitalistischen Herrschaftssystems. In Bezug auf die Grünen siehe dazu Eric Angerer: Grüner Rammbock des Kapitals https://diefreiheit.info/gruener-rammbock-des-kapitals/
[11] Zur Konstitution des schiitisch-islamischen Herrschaftsregimes im Iran siehe Wahdat-Hagh 2003 und Krauss: https://hintergrund-verlag.de/analyse-der-islamischen-herrschaftskultur/rebellion-im-gotteszuchthaus-zum-offenen-ausbruch-der-herrschaftskrise-im-staatsislamistisch-vergesellschafteten-iran/. Zur Kritik des islamischen Antisemitismus seitens des Irans siehe Marz 2014.
[12] Der Text dieses Buches ist die Sammlung von Vorlesungen, die Chomeini im Januar und Februar 1970 im Exilort Nadschaf (Irak) gehalten hat.
[13] Der globale Weltherrschaftsanspruch der „islamischen Revolution“ richtet sich bei Khomeini gegen alle Formen entgegenstehender Gesellschaftsstrukturen, Kulturen und Religionen, d. h. gegen westlich-säkularen Kapitalismus und atheistischen Sozialismus, gegen Christentum und Judentum, insbesondere aber gegen alle Erscheinungsformen der kulturellen Moderne und nichtmuslimischer Ungläubigkeit. Die Tötung von Ungläubigen ist für ihn nichts weiter als göttliche Pflicht auf diesem Wege zur Errichtung der islamischen Weltherrschaft, wobei er sich leider durchaus zu Recht auf die islamische Offenbarung beziehen kann: „Jene, die dem Koran folgen, wissen, dass wir die Quissas (Strafgesetze) anwenden und töten müssen. Die Kriege, die unser Prophet, Friede seiner Seele, gegen die Ungläubigen führte, waren ein Geschenk Gottes an die Menschheit. Wir müssen auf der ganzen Welt Krieg führen, bis alle Verderbnis, aller Ungehorsam gegenüber dem islamischen Gesetz aufhören. Eine Religion ohne Krieg ist eine verkrüppelte Religion. Es ist Krieg, der die Erde läutert“ (Zit. n. Schirra 2006, S. 154).
[14] https://www.rosalux.de/publikation/id/1557
[15] Die Huthis, die sich selbst als Ansar Allah (Helfer Gottes) bezeichnen, sind eine ca. 350.000 pro-iranische Kämpfer umfassende schiitisch-djihadistische Formation im Jemen.
[16] https://www.welt.de/debatte/kommentare/article231307365/Israelhass-Der-Terror-kommt-aus-Teheran.html
[17] https://www.israelheute.com/erfahren/die-behauptung-des-irans-ein-nuklearer-schwellenstaat-zu-sein-sollte-geglaubt-werden/
[18] Zum ausgefeilten militärisch-strategischem Vorgehen Israels gegen den Iran siehe https://www.hudson.org/defense-strategy/how-israels-operation-rising-lion-dismantled-iran-within-case-study-art-deception
Zum Weiterlesen: