Israel hat in der vergangene beiden Jahren einige Dinge erreicht: Die Hamas und die Hisbollah, Proxys von Iran und Katar, sind deutlich geschwächt. Das proiranische Assad-Regime ist Geschichte. Die iranischen Militärkapazitäten wurden erheblich beschädigt. Gleichzeitig ist der Sieg in Gaza nicht vollständig; die Hamas kontrolliert weiter die Hälfte des Gebietes und verweigert die zugesagte Entwaffnung.
Und es steigt der Einfluss der islamistisch-expansiven Türkei. Sie kooperiert ohnehin seit langem mit Katar, dem globalen Netzwerk der Muslimbrüder und mit Pakistan. Zuletzt hat sie auch ihre davor angespannten Beziehungen zum Iran und zu Ägypten verbessert. Und sie verfügt nicht nur über Einfluss in Libyen, sondern kontrolliert auch das neue islamistische, von ehemaligen Al-Kaida-Figuren geführte Regime in Syrien.
Die Türkei und ihre Verbündeten werden immer mehr zur Hauptgefahr für den jüdischen Staat. In diesem Kontext sind die jüngsten außenpolitischen Schritte Israels zu sehen.
Ostmittelmeer
Der israelische Premier Benjamin Netanjahu (Likud) empfing am 22. Montag seinen griechischen Amtskollegen Kyriakos Mitsotakis (Nea Dimokratia) und den zyprischen Präsidenten Nikos Christodoulides (parteilos) in Jerusalem. In einer gemeinsamen Erklärung wurden wichtige Punkte bekanntgegeben.
Israel, Griechenland und Zypern vertiefen ihre strategische Partnerschaft, besonders im Sicherheits- und Energiebereich, um die Stabilität im östlichen Mittelmeer zu fördern und gemeinsame Bedrohungen, insbesondere aus der Türkei, abzuwehren. Sie sichern sich gegenseitigen Beistand zu.
Vorgesehen ist u.a. die Schaffung einer gemeinsamen Schnellen Eingreiftruppe mit 1000 Soldaten aus Israel, 1000 aus Griechenland und 500 aus Zypern. Sie soll Land-, Luft- und Seestreitkräfte umfassen und Stützpunkte in Israel, auf Zypern und auf Rhodos und Karpathos haben. Es soll verstärkte gemeinsame militärische Übungen geben. Ein wesentlicher Punkt dabei ist der Schutz maritimer Infrastruktur wie Pipelines und Kabel.
Die wirtschaftlichen Verbindungen der drei Länder hatten sich schon in den letzten Jahren intensiviert. Israelische Firmen haben zuletzt verstärkt in Zypern investiert. Griechenland ist ein wichtiges Ziel israelischer Touristen. Nun wollen die drei Politiker laut Netanjahu auch einige bereits begonnene Projekte voranbringen. Dazu gehört vor allem der wirtschaftliche Korridor von Indien über die Arabische Halbinsel und Israel nach Europa.
Zudem unterstützten alle drei Länder eine Ausweitung der Abraham-Abkommen sowie die „Souveränität des Libanon“ – gemeint ist ein Libanon frei von iranischem und türkischem Einfluss. Netanjahu wandte sich noch mit einer Botschaft an die Türkei, ohne diese beim Namen zu nennen: „Diejenigen, die von der Wiederrichtung ihrer Imperien über unsere Länder träumen, denen sage ich: Vergessen Sie es. Es wird nicht passieren, denken Sie nicht einmal daran.“ Das bezieht sich darauf, dass Erdogan in Reden oft die einstige Machtfülle des Osmanischen Reiches erwähnt.
Griechenland und Zypern sind für Israel (und umgekehrt!) natürliche und strategische Verbündete gegen die islamistisch expansive Türkei. Zypern ist überhaupt teilweise von türkischen Truppen besetzt. Griechenland ist, obwohl die Türkei ohnehin schon nach dem 1. Weltkrieg griechische Gebiete annektiert und 1,2 Millionen Griechen vertrieben hat, ständig türkischen Drohungen und Gebietsansprüchen in der Ägäis ausgesetzt.
Israel schließlich ist durch die türkische Verbindung mit der Muslimbruderschaft und damit mit der Hamas sowie durch die türkische Kontrolle über das syrische Regime von Ankara bedroht. Dementsprechend versucht der jüdische Staat Gegengewichte und Bündnisse zu schaffen, etwa mit den Drusen und den Kurden in Syrien. Genauer habe ich das hier herausgearbeitet: https://diefreiheit.info/israelische-geopolitik-1-syrien-tuerkei-kaukasus-russland-griechenland-zypern/
Somaliland
Am 28. Dezember hat Israel hat als weltweit erstes UN-Mitglied (Taiwan ist nicht Mitglied der UNO) die ostafrikanische Republik Somaliland als unabhängigen Staat anerkannt. Somaliland, die ehemalige britische Kolonie, eine muslimische Region im Norden Somalias mit etwa vier Millionen Einwohnern, ist seit mehr als drei Jahrzehnten praktisch unabhängig – von Rest-Somalia, ehemalige italienische Kolonie, heute 14 Millionen Einwohner.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und der Präsident der Region am Horn von Afrika, Abdirahman Mohamed Abdullahi, unterzeichneten eine entsprechende Erklärung. Die Anerkennung erfolge „im Geiste der Abraham-Abkommen“, hieß es in einer israelischen Mitteilung. Diese Abkommen hatte US-Präsident Donald Trump 2020 während seiner ersten Amtszeit auf den Weg gebracht. In der Folge normalisierten die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Marokko und der Sudan ihre Beziehungen zu Israel. Netanjahu lud laut der Mitteilung den Präsidenten von Somaliland zu einem offiziellen Besuch nach Israel ein.
Bei der Frage nach den Motiven für den israelischen Schritt sind mehrere Aspekte zu nennen. Vielfach ist davon die Rede, dass es Israel darum gehe, ein Gebiet zu finden, in das Bewohner des zerstörten Gazastreifens umgesiedelt werden könnte. Das dürfte aber aktuell nicht im Vordergrund stehen, denn das Gaza-Abkommen sieht keine Umsiedlung vor. Und Somalilands Außenminister Abdirahman Dahir Adam hat sofort klargestellt, Somaliland habe sich nicht dazu bereit erklärt, Gazaner aufzunehmen.
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Ein anderer zentraler Grund für Israels Beziehungen zu Somaliland sei die Nähe dieser Region zum Jemen, schrieb die „Times of Israel“. Der Zugang zum Territorium und Luftraum Somalilands würde es Israel erleichtern, Angriffe gegen die vom Iran unterstützte terroristische Huthi-Miliz im Jemen durchzuführen und sie zu überwachen. Die Miliz hatte nach dem Beginn des Gaza-Kriegs Ziele in Israel und vor allem Handelsschiffe mit mutmaßlichem Bezug zu Israel angegriffen. Dieser Aspekt ist aktuell sicher bedeutender als der erste – wobei Israel demonstriert hat, dass es Ziele im Jemen problemlos aus der Distanz treffen kann und deshalb nicht unbedingt eine regionale Basis braucht. Dennoch kann Israel mit der Präsenz in Somaliland seine Rolle im Roten Meer stärken.
Ein drittes und sicherlich relevantes Motiv ist wiederum die Türkei. Das benachbarte Somali ist – ähnlich wie nun Syrien – de facto ein türkisches Protektorat. Aufgrund der Lage am Horn von Afrika und am Eingang zum Roten Meer stellt das aus israelischer Sicht ein alarmierendes Sicherheitsrisiko dar.
Seit 2011 hat die türkische Entwicklungsagentur TIKA über 500 Projekte in Somalia umgesetzt. Die seit 2017 bestehende TURKSOM-Basis ist die größte türkische Militärbasis im Ausland. Die Türkei bildet seitdem somalische Streitkräfte aus. Durch ein Abkommen von 2024 modernisiert die Türkei die somalische Marine. Dafür soll Somalia der Türkei angeblich 90 Prozent seiner Einnahmen aus Offshore-Energieerzeugung überlassen.
Außerdem bestätigte Somalia, dass die Türkei auf somalischem Gebiet einen Weltraumbahnhof bauen wird. Die Anlage gilt als ideales Testgelände für ballistische Raketen – im engen Ostmittelmeer ist das schwer möglich, im offenen westlichen Indischen Ozean aber bestens. Und im Sommer 2024 schloss Pakistan, ein enger Verbündeter der Türkei, ein ähnliches Abkommen mit Somalia. Das könnte dazu führen, dass die Türkei in Somalia mit Uran aus Niger und pakistanischem Know-how in Raketen- und Nukleartechnologie an atomaren und Waffen und Trägersystemen bastelt. (https://www.israelhayom.com/opinions/turkeys-quiet-power-play-in-the-red-sea-turns-somalia-into-a-proxy/)
Das sind für Israel besorgniserregende Entwicklungen. Dementsprechend scheint der jüdische Staat daran zu arbeiten, sich in Somaliland strategische Tiefe direkt neben den türkischen Anlagen in Somalia zu sichern – um diese entsprechend genau zu beobachten und im Ernstfall handlungsfähig zu sein, sollte sich der nukleare Verdacht erhärten. Und insgesamt will Israel einen hegemonialen türkischen Einfluss auf Horn von Afrika verhindern. Umgekehrt ist es durchaus realistisch, dass die türkische Regierung in absehbarer Zeit Somalia dazu ermutigen könnte, seine „abtrünnige Provinz“ Somaliland heimzuholen.
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