SMA: Hat sich Ihre Einstellung zur EU in den vergangenen Jahren oder Jahrzehnten verändert?
Chris Moser: Nicht verändert, nur verschlechtert. Ich habe die EU zwar insofern als sinnvolles Projekt gesehen, weil die Staaten und die Völker Europas in Frieden zusammen wirtschaften sollten. Und dafür ist so ein Forum, in dem man die Interessen diskutieren und übereinander bringen kann, nützlich. Aber diese EU ist gegründet worden, um Kapitalverkehrsfreiheit sicherzustellen, das scheint das oberste Ziel zu sein. Und es endet, das sehen wir deutlich, in einer Nivellierung, in einer Gleichschaltung.
Brüssel regiert durch, ohne demokratische Legitimation. Die EU hat Regierungsgewalt, schafft Gesetze und Normen, die in Deutschland nur noch umgesetzt werden. Das heißt, die meisten Gesetze, die in Deutschland gelten, stammen gar nicht mehr aus unserem Parlament, sondern aus Brüssel. Allerdings hat die Europäische Union dazu keine Legitimation. Da wird aus einem Vertragswerk, das der Kommunikation, der Verständigung dienen soll, plötzlich ein Staat.
Folgt die EU den Wünschen der USA, wenn sie gegen Russland vorgeht, auch, um dem großen Bruder den Rücken gegen China freizuhalten?
Das kann ich mir durchaus vorstellen. Schließlich haben die USA den Krieg in der Ukraine angezettelt – dahinter steckt das Konkurrenzdenken der Amerikaner gegenüber den Russen.
Und ganz offensichtlich wird eine Einkreisungspolitik betrieben, wie vor 100 Jahren Deutschland gegenüber. Das war nicht nur unter dem US-Präsidenten Joe Biden, sondern auch während der ersten Amtszeit von Donald Trump zu beobachten. Es ist mit den Händen zu greifen: Wenn Trump sagt: «Make America great again», dann stellt das eben den Versuch dar, dieses amerikanische Weltreich zu konsolidieren. Ob er das gut macht, ist eine andere Frage.
Das heißt aber vor allem, dass wir Europäer tatsächlich auf uns selber gestellt sind. Nichts anderes meint er: «Macht doch Euren Dreck alleene!» Wie der Sachsenkönig 1918. Somit wissen wir eigentlich, was wir zu tun haben: Wir müssen uns auf die eigenen Füße stellen. Aber dazu müssen wir wissen, was eigentlich unsere Interessen sind.
Woher soll denn diese Selbständigkeit kommen?
Da hakt es, meines Erachtens, ganz besonders bei der deutschen Regierung, aber auch bei der EU sowie bei maßgebenden Mitgliedstaaten – wie Frankreich zum Beispiel. Unser Interesse soll Krieg gegen Russland sein? Wir sollen jetzt den Großmann spielen? Ich frage mich, aus welcher Substanz heraus? Worüber verfügen wir Europäer denn noch, um anzunehmen, wir könnten die Russen fertigmachen und dann irgendwie überleben?
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Es geht wohl um die russischen Bodenschätze – mit aller Gewalt. Aber Gewalt schafft keine Existenzgrundlage für ein prosperierendes Leben. Ein prosperierendes Leben gibt es nur im Frieden und im vernünftigen Ausgleich. Und nicht, wenn man ein auf Bajonetten gestütztes Regime aufbaut. Dann hätten wir den Zweiten Weltkrieg auch weiterführen können. Das ist doch alles schwachsinnig.
Was wir brauchen, ist ein vernünftiger Ausgleich mit den Menschen, die auf diesem Boden leben – hier der europäische, dort der russische. Wenn wir zusammenkommen wollen, müssen wir miteinander arbeiten. Nur dann haben wir eine friedliche Gesellschaft, auf der Wohlstand aufbauen kann.
Das Interesse der Europäer ist nicht, mit den Russen Krieg zu führen, sondern unser Interesse ist es, Frieden zu schließen. Wir besitzen keine Ressourcen. Die können wir uns auch nicht zusammenrauben – auch wenn die Engländer das in den vergangenen Jahrhunderten immer so gemacht haben und die USA das fortsetzen.
Sehen Sie eine Möglichkeit, mit dieser EU den Ausgleich mit Russland zu erreichen?
Die EU hat meiner Meinung nach eine ganz klare Funktion: Sie dient als Zwischenfilter. Die USA hatten keine Lust, mit den einzelnen europäischen Staaten zu verhandeln. Sie haben 1945 Europa erobert, und es ist natürlich viel einfacher, ein solches Protektorat zu verwalten, wenn man auch ein übergreifendes Kommissariat einrichtet. Dann müssen sie nicht mehr mit den einzelnen Staaten umgehen.
Präsident Charles de Gaulle hat damals wohl den Braten gerochen, und die Franzosen sind aus der NATO ausgeschert. Aber die EU gibt es trotzdem.
Heute sehen wir das Ergebnis: Die USA schieben die EU vor. Und die Europäer zerfleischen sich darüber, wer den Schwarzen Peter zieht – wer die Kosten tragen, wer an den Fronten sterben soll. Das ist eben das große Problem: Diese EU dient fremden Interessen. Es handelt sich um ein Verwaltungsgebiet.
Halten Sie die EU für reformierbar?
Diese EU ist definitiv nicht reformierbar. Meines Erachtens muss man das ganze Konstrukt komplett ersetzen, alles auf Null stellen. Und sich an den Tisch setzen und sagen, wir sind erst mal souveräne Staaten – was Deutschland laut Wolfgang Schäuble nach 1945 nicht mehr war. Das ist die Ursünde: Diese Gemeinschaft ist auf Gewalt und Unterwerfung gegründet worden. Sie gehört aufgelöst. Dann muss man sich über die Interessen verständigen. Und vor allem die Deutschen müssen sich zuerst definieren. Wir haben diesbezüglich großen Nachholbedarf.
Erst danach können wir sehen, wie wir in Europa diese Interessen übereinander bekommen und was wir wirklich brauchen, um miteinander wirtschaften zu können. Es mag grundsätzlich hilfreich sein, wenn man Zollgrenzen aufhebt. Andererseits gilt es zu überlegen, gewisse Grenzen, gewisse Mechanismen, wie Zoll – Trump macht es gerade vor – oder Währungsunterschiede beizubehalten, damit die Nationalstaaten krisenfest sind. Sonst haben wir dieses Gefälle zwischen den prosperierenden und den etwas weniger prosperierenden Ländern, was dazu führt, dass die einen abgehängt werden und die reicheren ständig ihren Wohlstand abgeben müssen, um die anderen durchzufüttern.
Das muss nicht sein. Das kann man auch dadurch lösen, dass diejenigen Länder, deren Wirtschaft weniger leistungsfähig ist, das über ihre Währungspolitik ausgleichen. Sie können zum Beispiel ihre Währung abwerten. So ist das in der Vergangenheit gelaufen. Das geht jetzt nicht mehr. Deshalb kommt es ständig zu diesen Euro-Krisen, deshalb fliegt der uns um die Ohren. Das kann nicht funktionieren. Also muss auch der Euro weg.
Über die Freizügigkeit kann man auch nachdenken. Aber das Wichtigste ist, dass wir von keinem Zentralorgan regiert werden. Das im Übrigen auch nichts anderes ist als die Vorstufe zu einer Weltregierung. Das haben wir in Europa als Nukleus, als Kern. Dasselbe sehen wir in Nordamerika, wo es mehrere Diskussionen darüber gab, ob man einen nordamerikanischen Einheitsstaat erschafft. IWF, WHO und so weiter – überall werden Strukturen geschaffen, aus denen in wenigen Schritten eine Weltregierung gemacht werden kann.
Bei der WHO wird zum Beispiel eine Art Notstandsgesetzgebung laufen. Das sind immer die gleichen Tendenzen: Ein Vertragswerk, das gewisse Dinge regeln soll, wird benutzt, um per Notstandsverordnung einen Staat zu fingieren.
In der EU sehen wir das auch: Brüssel will eine Fiskalunion. Damit liegt die Finanzhoheit bei der EU, die auch noch Steuern einnehmen möchte. Dabei gehört das zu Hoheitsrechten, die nur ein Staat hat. Trotzdem wird darüber einfach in Brüssel verhandelt. Ohne die Völker zu fragen. Es wird gemacht, weil die Herrschaften da oben, sprich die Finanzelite, das so haben möchten. Das macht für sie vieles einfacher.
Warum wird es mit einer Fiskalunion für die Hochfinanz einfacher?
Dabei geht es um das Prinzip, dass die Finanzelite frei wirtschaften möchte, ohne Gesetzgebungen oder nationale Grenzen. Sie muss ihr Geld einfach von hier nach dort verschieben und vor allem die Macht, die ihnen das Geld verleiht, ausüben können. Dabei sind Ländergrenzen hinderlich, denn Ländergrenzen bedeuten, dass es die Souveränität eines dort lebenden Volkes gibt, das über sich selber entscheidet und nicht eine amorphe, weltweite Masse, die nichts zu sagen hat.
Wie kann das denn umdreht werden?
Es reicht wahrscheinlich ein Austritt. Die Briten sind auch ausgetreten. Deutschland kann das auch machen. Damit ist die Sache erledigt.
Wenn Deutschland austritt, ist die EU erledigt?
Damit wird sie praktisch entkernt. Am Ende ist keiner mehr übrig. Das Theater ist leer. Und wenn Deutschland fehlt, fehlt dem Milchbauerrn die Melkkuh.
Man muss sich einfach noch mal ganz plakativ vor Augen halten, was in der EU alles beschlossen wird. Zum Beispiel das Verbrennerverbot, die Wärmepumpenregelung und noch viele weitere Dinge. Früher gab es den Butterberg, die Bananen- und die Gurkenverordnung, allen möglichen Unfug. Es gibt nichts, was in der EU nicht geregelt wird.
Wer gibt der EU das Recht dazu? Mit welcher Legitimation schafft die EU solche Regeln? Dafür wurde sie nicht gegründet. Das ist eine Anmaßung sondergleichen.
Wie ist es dazu gekommen?
Das passiert deshalb, weil es – ich sage es immer wieder – eine Finanzelite gibt, die damit gewisse Kartell- und Lenkungsinteressen verfolgt, die zur Gleichschaltung dienen. Wie zum Beispiel die Klimaagenda, die nichts anderes ist als ein Kontrollinstrument, ein moderner Ablasshandel, der ähnliche Züge hat wie früher die Kirche – die war totalitär.
Das wird dann am besten durch solche supranationalen Gremien, wie die EU, vermittelt, die nicht kontrollierbar sind, weil sie keine demokratische Legitimation und damit auch keine demokratische Kontrolle besitzen. So wird mit einem Schlag ein großer Raum geregelt, und alle Länder sind dem einfach ausgeliefert. Nach dem Motto: Wir können nichts dagegen machen, das müssen wir jetzt alles umsetzen.
Das Ganze wird dann natürlich noch mit einer ideologischen Propaganda á la Weltuntergang überzogen. Dass die Welt morgen untergehe und wir uns deshalb alle geißeln sollten, ist völlig abgedroschen, aber es wurde über die Jahrhunderte immer wieder propagiert. Irgendwie scheint der Mensch dafür anfällig zu sein. Jede Generation hat so ihre Sintflut. Die Propaganda wird über supranationale Institutionen verbreitet – auch die Kirche hat über den Staaten gestanden, mit dem Heiligen Römischen Reich als weltlichem Widerpart.
Wenn es einen «Schurkenstaat» gab, der ausscheren wollte, gab es Ärger. Die Päpste hassen Deutschland ja heute noch, weil wir es gewagt haben, eine protestantische Kirche zu gründen. Und dadurch in Deutschland dieses Schisma, diese kirchliche Spaltung haben. Dieses Supranationale, das über allem hängt, versucht ständig alles gleichzuschalten. Und wenn jemand nicht mitmacht, werden die Daumenschrauben angezogen. Das sehen wir in der EU heute auch.
Wir benötigen wieder Rechts- und Ländersouveränität.
Noch mal, woher soll denn das Bewusstsein für Souveränität kommen?
Aus der Persönlichkeitsentwicklung und der Individualpsychologie wissen wir, dass jede Souveränität von innen kommt. Das heißt, wir müssen uns selber darüber klar werden, wer wir sind. Wir müssen unser Recht selber in die Hand nehmen, ausfüllen und ausüben. Punkt. Dann ergibt sich alles Weitere von selbst.
Die EU ist kein Friedensprojekt. Man muss sich nur die Gegenwart ansehen. Der größte Kriegstreiber ist die EU. Außerdem ist die EU in sich derart zerstritten, das haben wir in der Euro-Krise, aber auch in der Flüchtlingskrise gesehen. Das ist alles andere als ein Friedensprojekt. Im Gegenteil: Die Völker Europas werden gespalten und gegeneinander gehetzt. Und was hat das Ausbeuten Deutschlands mit Frieden zu tun?
Es kommt nur deswegen nicht zu einem offenen militärischen Konflikt, weil die EU darüber steht und weil alle in der NATO sind. Aber der Unfrieden ist da. Nehmen wir Jugoslawien als Beispiel: Die Völker haben sich gegenseitig die Köpfe eingeschlagen, aber nicht, weil sie einander hassen, sondern weil von supranationalen Organisationen Unfrieden gesät worden ist. Das muss nicht sein.
Die Ursache für die Kriege der Vergangenheit lag nicht bei den Völkern oder den Nationalstaaten, sondern dahinter standen imperiale Interessen, die letztlich immer wieder bei der Hochfinanz zusammenlaufen. Und Imperialismus ist das Gegenteil von Nationalismus.
Imperialismus ist das Übergreifen auf andere Nationen. Die EU zum Beispiel ist ein Imperium. Und Imperien zerstören die Nationen.
Ist es das, was wir aktuell erleben?
Ja, das ist der Krieg, den wir die ganze Zeit sehen. Wenn man die Nationen souverän sein lässt und sie dann ins Gespräch kommen, besteht die Chance, die Wunden, die die Imperialismen verursacht haben, zu schließen. Und dann können sich die Völker wieder die Hände reichen.
Wir kommen nur dann zu einer Einigung und schaffen Frieden, wenn wir uns auf uns selber besinnen, um zu sehen, was eigentlich wehtut, indem wir darüber reden, die Konflikte auflösen und uns die Hände reichen. Das funktioniert nur auf Augenhöhe und mit sich selbst in Frieden lebenden, also freien Individuen.
Dasselbe gilt für Nationalstaaten: Die Völker, die den Nationalstaat tragen, müssen in sich frei sein, heilen können, und dann können sie auch miteinander wirtschaften. Dazu braucht es keine kommissarischen Verordnungen und keinen Super-Nationalstaat, der ständig die Zuchtrute schwingt, damit die Völker gefälligst Frieden halten. Das ist Unterdrückung, nichts anderes.
Was fordern Sie?
Wir haben nichts zu fordern, sondern umzusetzen. Darüber müssen wir uns Gedanken machen. Denn wenn wir immer nur etwas von anderen fordern, bleiben wir Sklaven.
Ich habe oben von der inneren Souveränität gesprochen. Die fängt wirklich bei jedem Einzelnen an. Das haben wir Deutschen noch nicht wirklich verstanden. Weil wir spätestens ab 1945 eingebläut bekommen haben, dass wir uns selber nicht wertschätzen sollen. Dadurch sind wir nicht frei, sondern führen nur Befehle aus – das haben wir auch bei «Corona» schmerzhaft zu spüren bekommen. Ein Befehl ist nicht deshalb gut, weil kein Deutscher ihn erteilt hat, sondern jemand anders. Diesen Irrglauben dürfen wir ablegen. Ohnehin ist der innere Befehl immer noch der beste.
Wenn lauter gehirngewaschene Menschen meinen, sie dürften das Heft nicht selber in die Hand nehmen, weil es böse sei, wenn Deutsche das machen, dann wird daraus kein souveränes Volk. Da können wir noch so oft auf der Straße Souveränität fordern. Das ist nur in den Wind gesprochen und bleibt gegenstandslos.
Konkret bedeutet das?
Das heißt, jeder Einzelne, der merkt, dass hier etwas falsch läuft, muss sich an die eigene Nase fassen und sich fragen: Was kann ich hier verbessern? Welche Möglichkeiten habe ich?
Unterhalten Sie sich mit anderen darüber, vernetzen Sie sich. So werden Sie schnell feststellen, was Sie tatsächlich alles tun können und was Sie vorher nicht gesehen haben, weil Sie sich nicht darum gekümmert haben. Wenn das jeder macht, dann werden wir auch wieder frei. Wie ich immer sage: Der Einzelne kann nur frei sein, wenn sein Volk frei ist. Und ein Volk kann nur frei sein, wenn der Einzelne frei ist.
Das Interview erschien zuerst hier: https://transition-news.org/eu-wer-zieht-den-schwarzen-peter
Übernahme mit freundlicher Genehmigung von Sophia-Maria Antonulas.
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