Im Film von Jules Dassin singt Melina Mercouri das Lied „Tα παιδιά του πειραιά“ (wörtlich: Die Kinder von Piräus, deutscher Text: „Ein Schiff wird kommen“). Piräus ist auch heute wieder der Schauplatz von Irrungen und Wirrungen, seit die Chinesen Griechenland als Investitionsdestination entdeckt haben. Im Wesentlichen geht es um die Teilprivatisierung des Hafens von Piräus (OLP) unter der Führung der chinesischen COSCO (China Ocean Shipping (Group) Company), die bisher ein großer Erfolg ist – und die jüngste Antwort der USA.
Vor einigen Jahren hat es nicht so positiv ausgesehen: Am Anfang wurden die Chinesen kritisiert und bestreikt. Hafenarbeiter sorgten dafür, dass Kreuzfahrtschiffe nicht in Piräus anlegen konnten, und Touristen wurden darum geprellt, die Akropolis anzusehen. Die Gewerkschaften malten den Teufel an die Wand. Sie fürchteten, Griechen würden entlassen und die Chinesen würden nur noch Hungerlöhne zahlen.
Ideologisch sollten sich eigentlich die Gewerkschaften mit einem Unternehmen aus der Volksrepublik China bestens verstehen. In der Praxis setzten sich aber ökonomische Gesetzmäßigkeiten durch – zum Wohle aller: Es gab Lohnkürzungen – die Löhne der Hafenarbeiter waren zum Teil exorbitant hoch gewesen – und der Druck auf die Angestellten erhöhte sich.
Aber die Resultate ließen nicht lange auf sich warten. Einst schwer defizitär, erwirtschaftet der von COSCO betriebene Terminal mittlerweile beträchtliche Gewinne. COSCO kürzte aber nicht nur die Löhne, sondern investierte hunderte von Millionen Euro in Griechenland. Bereits im ersten Jahr verdoppelte sich der Containerumschlag glatt und die Beschäftigtenzahl stieg scharf an.
Wenn man von Eleusis Richtung Athen fährt, unterquert man eine riesige Eisenbahnbrücke. Sie ist neu und gehört zu einem Industriegleis. Vom Hafen von Piräus verkehren schon heute über diese Athen-Eisenbahnumfahrung riesige Güterzüge direkt von Piräus nach Mittel- und Westeuropa.
Nebst China bewarben sich auch weitere Investoren um die Hafenpacht. Auch die griechischen Reeder schauten mit Misstrauen zu, wie die Chinesen Piräus wieder zum Blühen brachten, und versuchen nach Kräften, ihnen Sand ins Getriebe zu streuen. Bisher gelang es aber der griechischen Elite nicht, einen zukunftsweisenden Plan zu sabotieren.
China hat zu viel Geld und sucht Investitionsmöglichkeiten. Griechenland hat nicht nur kein Geld, sondern Schulden und sucht Investoren – eine klassische Win-win-Situation. Wird das Remake des Films mit einer Chinesin oder einem Chinesen in der Hauptrolle diesmal ein Happy End haben?
Das ist unklar. Denn nun tritt «Uncle Sam» auf den Plan. Die jetzige griechische Regierung treibt nämlich den Aufbau eines neuen, von den USA geförderten Hafenkomplexes in Elefsina voran, wie die griechischen Medien gerade meldeten. Das Vorhaben wird von Regierungsvertretern als strategisches Gegengewicht zum chinesisch dominierten Hafen von Piräus bezeichnet. Nach einem Treffen zwischen Entwicklungsminister Takis Theodorikakos und der US-Botschafterin Kimberly Guilfoyle kam nun ein erstes Gesetzespaket auf den Weg, das die Realisierung des Projekts ermöglichen soll.
Das in Kürze dem Parlament vorzulegende Gesetz sieht vor, dem Unternehmen ONEX – Betreiber der Elefsina-Werften und Empfänger einer 125-Millionen-Dollar-Finanzierung der US-amerikanischen DFC – weitreichende Befugnisse zu geben. ONEX soll künftig nicht nur in der Schiffbauindustrie tätig sein dürfen, sondern auch im Handels- und Logistikbereich, in der Hafenwirtschaft sowie im Energie- und Verteidigungssektor. Die Abstimmung darüber wird schon nächste Woche erwartet, voraussichtlich im Rahmen eines Gesetzespakets zur neuen Marktaufsichtsbehörde.
Schluss mit der Energiewende! Warum Deutschlands Volkswirtschaft dringend Ökologischen Realismus braucht
von Dr. Björn Peters
25,- €
Nach Darstellung der Regierung soll das Vorhaben sowohl die Modernisierung der Werften vorantreiben als auch Washingtons Ziel unterstützen, einen leistungsfähigen Gegenpol zum von COSCO kontrollierten Piräus zu schaffen. Guilfoyle hatte kürzlich im Fernsehen offen erklärt, es sei «bedauerlich», dass der Hafen von Piräus unter chinesische Führung geraten sei, und betont, es gebe Möglichkeiten, diese Abhängigkeit zu umgehen. Damit erscheint auch die Tatsache in einem neuen Licht, dass Griechenland ungewöhnlich lange auf die Ernennung von Trumps Botschafterin warten musste.
Geplant ist ein multifunktionaler Hafen, der die bestehenden Werftanlagen – in die die DFC bereits investiert – mit weiteren rund 40 Hektar angrenzender Fläche verbindet. Dort sollen künftig sowohl Marine- als auch Handelsschiffe, etwa Massengutfrachter oder Containerschiffe, abgefertigt werden. Zusammen mit dem Güterverkehrszentrum Thriasio und weiterer Infrastruktur soll Elefsina eine kleinere, aber ernstzunehmende Alternative zu Piräus bilden.
Theodorikakos hob hervor, dass eine engere Zusammenarbeit mit den USA Griechenland nicht nur als Energiedrehscheibe stärke, sondern auch den wirtschaftlichen Umbau des Landes voranbringe. Das Projekt verspreche bedeutende Investitionen, neue Infrastruktur, höhere Wettbewerbsfähigkeit und zahlreiche qualifizierte Arbeitsplätze – einen Beitrag zu «Sicherheit und Wohlstand» für die junge Generation.
Die chinesische Botschaft in Griechenland hat scharf auf Äußerungen der neuen US-Botschafterin Kimberly Guilfoyle reagiert, die Griechenland aufgefordert haben soll, den Hafen von Piräus zu verkaufen, um den chinesischen Einfluss einzudämmen. Peking bezeichnete diese Aussagen als «böswillige Verleumdung», «Einmischung in innere Angelegenheiten» und Ausdruck einer «Kalter-Krieg-Mentalität».
Die chinesische Seite betont, dass die Investition von COSCO den Hafen von Piräus modernisiert, Arbeitsplätze geschaffen und Griechenland während der Schuldenkrise geholfen habe. Die Zusammenarbeit zwischen China und Griechenland sei wechselseitig vorteilhaft, nicht gegen Dritte gerichtet und solle nicht für geopolitische Rivalitäten missbraucht werden. Der Hafen gehöre dem griechischen Volk und dürfe nicht zum Objekt von Machtkämpfen werden.
Das griechische Außenministerium reagierte zurückhaltend: Man respektiere bestehende Verträge, einschließlich der damaligen Veräußerung von 67 Prozent des Hafens an COSCO während der Finanzkrise. Griechenland sei offen für Investitionen, sehe jedoch keinen Anlass, sich in diesem Thema an die USA anzulehnen oder bestehende Vereinbarungen infrage zu stellen.
Quelle:
Kathimerini: US-backed Elefsina port plan advances – 19. November 2025
Επίθεση της κινεζικής πρεσβείας στην Κίμπερλι Γκιλφόιλ για το λιμάνι του Πειραιά – 19. November 2025
Dieser Text erschien zuerst hier: https://transition-news.org/die-kinder-von-piraus-die-chinesen-und-die-amerikaner
Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Zum Weiterlesen:


