Das Besondere dabei: sie schreibt dort nicht als einfache Bürgerin, sondern in ihrer Funktion als Untergeneralsekretärin für globale Kommunikation bei den Vereinten Nationen (UN). Sie bekleidet diese Position – nach Stationen einer Bilderbuch-Technokratenkarriere bei der OSZE, der IAEO und der UNHCR – seit August 2019. Ihre Artikel sind daher alles andere als eine private Meinungsäußerung eines Bürger-Journalisten, sondern müssen vielmehr als Teil der politischen Linie, die sie bei der UN vertritt und umzusetzen versucht, gesehen werden. Diese Linie ist gekennzeichnet durch naive Vereinfachungen, elitären Autoritarismus, moralisierenden Alarmismus und unsubstanzierte Assoziationen zwischen verschiedenen Wissensdomänen, die ob ihrer Einfältigkeit und mangelnden Selbst-Reflexivität vielleicht noch als populärwissenschaftliches Motiv durchgehen mögen, aber es in jeder Wissenschaft schwer hätten, ohne Präzisierung auch nur als Themenvorschlag für eine Seminararbeit akzeptiert zu werden.
The science is settled
In Flemings (noch) heiler Funktionärswelt bei der UN zerfällt die wissenschaftliche Beschreibung der Welt in wahre und falsche Aussagen; der echte, gute Wissenschaftsjournalismus äußert und kommuniziert nur die Ersteren, während das Geschäft der Desinformation darin besteht, falsche Aussagen als wahre zu verkaufen und die Adressaten böswillig zu täuschen. Alle Dynamiken der wissenschaftlichen Forschung, ihre technisch-kulturelle Einbettung, ihre Materialität, ihre historische Entwicklung, ihre mediale Determinierung, ihre Einbindung in Machstrukturen, ihre Mechanismen der Selbstkorrektur, ihre Paradigmenwechsel (Thomas S. Kuhn), kurz: ihre konstitutive Vorläufigkeit und ihre beständige Selbstkorrektur kommen in Flemings Bild der Wissenschaft nicht vor. Die Einfältigkeit dieses positivistischen, reduktionistischen Wissenschaftsbildes wird nur noch durch die Naivität der vorgestellten Lösung für dieses angebliche Problem überboten.
Impfen gegen Desinformation
In einem Text aus dem Januar 2023 bewirbt Fleming die Idee, dass Desinformationen – das heißt das, was sie als Desinformationen deklariert – als Krankheiten aufgefasst werden können, die durch psychologische Impfungen kuriert werden können. Sie nennt das ‚prebunking’: statt böswillige Falschaussagen aufwendig nachträglich durch z.B. Faktenchecks zu korrigieren, sei es doch zweckmäßiger, die Rezipienten solcher Aussagen vorbeugend zu konditionieren, so dass sie diese selbst erkennen können, sie also, mit anderen Worten, zu ihrem eigenen, inneren Faktenchecker zu machen. Gelingen soll das durch online games und Werbeclips auf youtube, in denen den Nutzern vorgeführt wird, mit welchen rhetorischen Mitteln Desinformationen verbreitet werden. Hierdurch erhofft sich Fleming eine Immunisierung des Nutzers durch Konfrontation mit Desinformation in einer von guten Wissenschaftlern behüteten, kuratierten Umgebung. Sie nennt das eine Stärkung der Medienkompetenz – predigt aber ganz ungeniert eine ideologische Immunisierung, die es gerade in der Wissenschaft gerade nicht geben kann, die die Wissenschaft gerade methodisch auszuschließen versucht.
Ihr scheint gar nicht aufzufallen, dass das Strohmann-Argument oder die Figur des Rosinen-Pickens, die in dem von ihr als Beispiel angeführten infantilen Spiel Cranky Uncle (https://app.crankyuncle.info/home) vorkommen, genau auf das passen, was Georg Restle in der Monitor-Sendung vom 23.3.23 tut, wenn er von nur 1.336 dem PEI im Zusammenhang mit mRNA-Verabreichungen gemeldeten Gesundheitsstörungen bis zum Februar 2023 spricht, dabei aber verschweigt, dass sich diese Zahl nur auf eine spezielle Untergruppe von Meldungen bezieht, die dem PEI im Zusammenhang mit gemeldeten Gesundheitsstörungen nach mRNA-Injektion vorliegen; insgesamt hat das PEI im Zeitraum von 27.Dezember 2020 bis 31.Oktober 2022 333.492 Meldungen zu Nebenwirkungen erhalten, davon 50.833 schwer (Bulletin für Arzneimittelsicherheit, 4/2022, S. 29-34).
Die Blindheit für die Anwendbarkeit ihrer Ausführungen auf ihre eigene Position schlägt sich auch darin nieder, dass Fleming nicht sieht – oder böswillig unterschlägt, wie sie der Gegenseite sofort unterstellen würde –, dass die Wahrheiten ihrer Vakzinologie der Überprüfung an der Empirie trotz aller medialen und politischen Unterstützung nicht standgehalten haben. Wenn die gentherapeutischen Impfstoffe an der Erzeugung einer Herdenimmunität gegenüber Sars-Cov 2 durch Verhinderung von Transmission gescheitert sind – wie für jeden wissenschaftlich redlich Arbeitenden von Anfang an abzusehen war und auch seit Beginn so formuliert wurde –, wieso sollte dann ein analoger ‚psychologischer Impfstoff’ zu einer Herdenimmunität gegenüber impfkritischer oder klimaskeptischer Desinformation führen können?
Nach dem Mantra des Besser-Erklären-Müssens
Der elitäre Autoritarismus, der lange behauptet hat, die Verbreitung der Klimaskepsis sei im Grunde nur ein Kommunikationsproblem, wird bei Fleming zunehmend offen zum Totalitarismus. Es geht ihr nicht mehr um das bessere wissenschaftliche Argument, sondern um den Sieg in einem Informationskrieg, in dem die Gegenseite etwa unter dem hashtag #climatescam Lügen über den Klimawandel verbreite (Siehe: https://melissa-fleming.medium.com/time-is-running-out-to-avert-climate-catastrophe-c6ff90fba91). Aus ihrer Sicht gibt es keinen in der Sache begründeten wissenschaftlichen Dissens in Sachen Corona oder Klima, und das ist nun auch von offizieller Seite aus oft genug gesagt worden. Wenn es jetzt immer noch Menschen gibt, die das noch nicht verstanden haben, dann war wohl die Zensur in den sozialen Medien bisher immer noch zu lasch, wie sie insbesondere mit Blick auf die Übernahme von twitter durch Elon Musk selbstgerecht lamentiert.